Potpourri des Friedens

Es war nicht sein erster Auftritt in Trier, und es wird sicherlich einen weiteren geben: In der ehemaligen Abtei St.Maximin begeisterte der weltbekannte Klarinettist Giora Feidman die rund 800 Besucher mit seinem Programm "Dance of Joy". Der TV präsentierte das Konzert.

Trier. (fgg) Die Musiker Guido Jäger und Jens-Uwe Popp sitzen auf der Bühne in der Maximinkirche und lassen die ersten Töne erklingen: Popp spielt klassische Gitarre, Jäger streicht seinen Kontrabass mit dem Bogen. Bald legen sich auf den fein gewobenen Klangteppich zarte, wie Rufe klingende Töne einer Klarinette, die von überall her zu hallen scheinen. Doch der Maestro ist nicht zu sehen: Der Klarinettist Giora Feidman, der auch einige Filmmusiken gemacht hat, beginnt das Konzert mit einem wahrhaft cinematischen Effekt, der die Weite des sakralen Raumes ganz ausnutzt. Feidman spielt mitten im Publikum

Spielend schreitet er das Kirchenschiff entlang, um dann schliesslich zu seinen Mitspielern auf die Bühne zu stoßen. Noch viele Male wird der 71-jährige im königsblau leuchtenden Mantel die Grenzen zwischen Bühne und Zuschauerraum, zwischen Musikern und dem gut 800 Köpfe zählenden Publikum verwischen.So fordert er schon im zweiten Stück das Publikum zum Mitsingen auf: Es solle bitte ein langgezogenes "Aaaah" singen, bittet der Meister, und tatsächlich macht ein großer Teil des Publikums sofort mit. Minutenlang schwebt ein erstaunlich konsistenter Ton durch der Halle. Durch die vielen aus- und einsetzenden Kehlen moduliert der Laut übergangslos sein Timbre und wabert wie eine Wolke aus Tönen durch das Bauwerk. Solange der Gesang anhält, spielt Feidman dazu, wieder durchsetzt er sein Pianissimo mit rufenden, klagenden Tönen: "Nigun" heißt das Stück laut Programm, was einfach hebräisch für "Melodie" ist und eine eigene Gattung bezeichnet. Feidman nennt sie "den Kern des Klezmer - mehr als eine Melodie, sind sie die Sprache der innersten Seele." Nicht immer müssen sie jedoch so klagend und anrührend sein: Nach "Hava Nagila", der inoffiziellen Hymne Israels, steht ein "Happy Nigun" auf dem Programm, der dann auch nach dem klingt, was viele mit "Klezmer" verbinden: Das ist üppige, melodiöse Festmusik, die mit Spielfreude und einem luftigen Offbeat selbst im ehemaligen Benediktinerkloster so manchem Zuschauer in die Beine fährt.Es geht leicht weiter: Feidman und seine Mitmusiker spielen den wohl bekanntesten Ragtime ("The Entertainer"), einige Eigenarrangements und lassen zu "Donna Donna" das Publikum wieder mitsingen. Vor der Pause dann das Stück "Three Anthems": Der Musiker, der für seine Verdienste um die Aussöhnung zwischen Deutschen und Juden vielfach geehrt wurde, hat die Hymnen Deutschlands, Israels und Palästinas zu einem erstaunlichen "Potpourri des Friedens verquirlt". Auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin ohne Applaus endet damit der erste Teil des Abends.Nach der Pause wird das Publikum wieder zum Mitmachen eingeladen. Nach Traditionals, Eigenarrangements sowie Stücken von Gustav Mahler und Franz Schubert endet ein lustiges, schwermütiges und leichtfüßiges Konzert mit dem wohl meistgecoverten Wiegenlied der Musikgeschichte: Gershwins "Summertime" aus der Oper "Porgy and Bess". Stehende Ovationen drücken dann den Wunsch des Publikums aus, Feidman und seine Töne ein weiteres Mal in Trier hören zu dürfen.

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