Prominenter Überraschungsgast

Wittlich · Mit seinem Roman "Breaking News" hat der Kölner Autor Frank Schätzing erneut im Handstreich die Bestsellerlisten erobert. Darin schildert er die Geschichte Israels anhand zweier Familien, die in den 1920er Jahren nach Palästina einwandern.

Wittlich. Das 11. Eifel-Literatur-Festival geht mit einem prominenten Überraschungsgast in die Verlängerung: Bestsellerautor Frank Schätzing ("Der Schwarm") wird am Freitag, 24. Oktober, ins Eventum Wittlich kommen und seinen Thriller "Breaking News" vorstellen. Dabei begleitet ihn die israelische Sängerin Ofrin. Es ist Schätzings einziger Auftritt in Rheinland-Pfalz im Rahmen seiner auf große Städte wie München, Hamburg, Frankfurt oder Köln konzentrierten Herbst-Tournee. Im Vorfeld hat er mit unserer Mitarbeiterin Anke Emmerling gesprochen.

Warum kommen Sie mitten in einer Tour durch Metropolen zum Eifel-Literatur-Festival?
Schätzing: Weil man spürt, mit wie viel Herzblut es organisiert wird. Mit dem Ergebnis einer rundum gelungenen Veranstaltung. Es ist mir also eine Ehre.

Ihr größter Erfolg, "Der Schwarm", wie auch weitere Bücher bewegen sich zwischen Naturwissenschaft und Science Fiction. Mit Ihrem aktuellen Werk "Breaking News" betreten Sie ein ganz anderes Feld, das der Zeitgeschichte von Krieg und Terror im Nahen Osten. Was war der Auslöser dafür?EIFEL-LITERATUR-FESTIVAL 2014


Schätzing: Auslöser ist immer, was mich spontan fasziniert, unabhängig davon, ob es wissenschaftlicher, historischer oder politischer Natur ist. In diesem Fall begann alles mit einem Gespräch unter Freunden über Nahost-Politik. Warum es mit dem Frieden da unten nicht klappen will. Ich sagte: Der letzte israelische Politiker, dem ich eine Lösung zugetraut hätte, wäre Scharon gewesen. Und im selben Moment schoss mir diese Verschwörungsidee durch den Kopf: dass nämlich Scharons Hirnblutung und sein anschließendes Koma Folge eines Attentats gewesen sein könnten. Die Idee ließ mich nicht los, ich begann zu recherchieren, je mehr ich recherchierte, desto mehr packte mich das Thema.

Hat es Sie gereizt, mit Nahost- und Afghanistan-Konflikt in gewisser Weise vermintes Gelände zu betreten und das Risiko einzugehen, auch ins Kreuzfeuer der Kritik zu geraten?
Schätzing: Gereizt wäre zu viel gesagt. Ich hab\'s nicht anders erwartet. Es war klar, dass "Breaking News" kontroverser diskutiert werden würde als meine bisherigen Bücher. Um eine solche Geschichte zu erzählen, kommt man am Minenfeld gar nicht vorbei. Nur dass ich versucht habe, gewissermaßen darüber hinweg zu schweben. Sprich, Abstand zu halten. Mit Empathie zu erzählen, ohne persönlich zu werten.

Wie lange und wo haben Sie über die das Buch dominierende Geschichte Israels und Ariel Scharons recherchiert? Konnten Sie noch distanziert-neutral bleiben, oder sind Sie in den Sog geraten, Position beziehen zu müssen?
Schätzing: Eigenartigerweise war es viel leichter, neutral zu bleiben, als ich dachte. Ich war in Israel, in der Westbank, in arabischen Städten, jüdischen Siedlungen, habe mit unterschiedlichsten Leuten gesprochen, auch mit Zeitzeugen, die Scharon gut kannten. Kein einziges Mal fand ich mich genötigt, Stellung beziehen zu müssen. Ganz im Gegenteil. Mit der Zeit beginnt man jeden dort zu verstehen. Man muss seine Ansichten, sein Vorgehen nicht gutheißen, aber es wird klar, warum er so handelt und nicht anders. Es geht im Nahen Osten nicht um Gut gegen Böse, Richtig gegen Falsch. Es geht um Menschen, um Individuen. Ich war der Beobachter, der Zeuge.

Zu welcher Auffassung über den Nahost-Konflikt sind Sie während Ihrer Beschäftigung damit gekommen? Sehen Sie Chancen auf Einigung und Friede?
Schätzing: Schwierig. Wir sind im Westen so konsensversessen. Wir glauben, wenn sich die Vertreter aller Parteien an einen Tisch setzen und ein Stück Papier unterschreiben, sei das Problem gelöst. Aber ein Frieden der Politiker ist kein Frieden der Völker. Da muss über Generationen vererbtes Misstrauen aufgearbeitet werden. Nicht unbedingt Hass, es gibt mehr persönliche Freundschaften zwischen Israelis und Palästinensern, als man das hier wahrnimmt. Aber es gibt eben auch diese tiefsitzende Enttäuschung, das Gefühl, dass der andere es nicht ehrlich meint. Und natürlich gibt es die Radikalen, die jeden Versuch einer Annäherung torpedieren. Ich denke schon, es wird mit der Zeit zu einer Verbesserung der Gesamtlage kommen, aber eher als sukzessiver Prozess, in dessen Verlauf religiöser Radikalismus und alte Ressentiments abgebaut werden. Das kann ohne weiteres ein, zwei Jahrhunderte in Anspruch nehmen.

Ist Ihre Erzählweise einer bestimmten Zielgruppe oder einem bestimmten Genre geschuldet?
Schätzing: Die Erzählweise orientiert sich an keiner Erwartungshaltung, ebenso wenig wie an einem Genre. Man sollte authentisch bleiben und nicht auf Märkte schielen. Und Genres? Offen gesagt, ich weiß selber nie genau, in welchem Genre ich gerade unterwegs bin. Den Stempel drücken andere drauf. Ich habe den Stil gewählt, weil er mir als bestmögliche Option erschien, den Wahnsinn des Konflikts zu schildern, ohne in die Theatralik- oder Kitsch-Falle zu tappen. Und natürlich, weil ich Spaß daran hatte, klassische Literatursprache, wie sie in den historischen Passagen zum Einsatz kommt, mit Schnoddrigkeit zu konterkarieren. Ich frage mich nie, wem so was später gefallen könnte. Oder missfallen. Ich schreibe, was ich selber gerne lesen würde. ae
Frank Schätzing liest zum Abschluss des Eifel-Literatur-Festivals am Freitag, 24. Oktober, im Eventum Wittlich. Karten gibt es ab 10. Mai im TV-Service-Center in Trier, unter der TV-Tickethotline 0651/7199-996 sowie unter der Internet-Adresse www.volksfreund.de/tickets. Informationen über das Festival unter
www.eifel-literatur-festival.deExtra

Frank Schätzing wurde 1957 in Köln geboren, wo er auch heute lebt. Er arbeitete lange in der Werbebranche und tritt immer wieder als Sprecher in TV-Dokumentationen auf. Seit den 1990ern ist er als Schriftsteller aktiv. 2004 feierte er seinen bislang größten Erfolg mit dem Wissenschaftsthriller "Der Schwarm", den Uma Thurman, Ica und Michael Souvignier bis 2015 verfilmen. Nach "Nachrichten aus einem unbekannten Universum" und "Limit" veröffentlichte Schätzing nun den Thriller "Breaking News", der gleich ganz oben auf den Bestsellerlisten von Stern und Spiegel landete. ae

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