Punkrock-Alarm am Strandbad

LOSHEIM. "Rock Am See", einst renommiertes Festival im Saarland, ist bekanntlich Geschichte. Am vergangenen Wochenende mussten aber Punkrock-Fans nicht auf eine ausgelassene Festival-Stimmung am Stausee verzichten. Der Wanderzirkus "Deconstruction Tour" schlug für einen Tag seine Zelte auf.

Festivals in Losheim haben Tradition. Die Jugendlichen gehen hin, um dabei gewesen zu sein. Das "Dabei sein ist alles"-Motto schlug sich unter anderem in der Tatsache nieder, dass bereits am Nachmittag einige Gäste nach zu ausgelassenem Alkoholgenuss orientierungslos über die Wiese torkelten. Andere gaben sich stilbewusst und hatten sich in Schale geworfen. BeiPunkrock-Open Airs heißt das: Turnschuhe, knielange Schlabberhosen und vor allem frisch rasierte, gegelte oder gefärbte Haare.Auf dem musikalischen Programm stand die komplette Bandbreite des Punkrock: Bouncing Souls hielten die Oi!-Punk-Fahne hoch. Flogging Molly und The Real McKenzies mischten Punkrock mit schottischer Folklore - die einen bedienten sich eines Akkordeons, die anderen eines Dudelsacks. Thrice, mit die aggressivste Band, versteckte in ihren Songs Metal-Anteile und brüllte, statt zu singen. Der alleinige Deutschpunk-Vertreter war die belanglose Terrorgruppe. Wer der Musik überdrüssig wurde, schlenderte über den Jahrmarkt, auf dem es alles vom Aufkleber über die CD bis hin zur Pizza gab.Strung Out zogen am Nachmittag als erste eine riesige Menschentraube vor die Bühne. Ihr Ass im Ärmel war eine ungewöhnliche Interpretation des Ozzy Osbourne-Klassikers "Crazy Train". Die interessanteste Band hieß Boy Sets Fire. Auf die hatten sich die speziell Emorock-Fans gefreut. Dem US-Quintett gelang das Kunststück, in 30 Minuten Spielzeit fast alle Hits zu packen. Unangefochtener Publikumsmagnet waren Nofx. 8000 Fans fanden sich vor der Bühne ein und sangen unisono die Refrains von Songs wie "Don‘t Call Me White" mit. Fat Mike & Co. waren überwältigt. Er ließ es sich nicht nehmen, deutliche Worte gegen die Bush-Regierung zu sagen. Auch dafür waren die Fans zu begeistern. Der Auftritt von Nofx war ein würdiger Abschluss eines gelungenen, musikalisch aber zu eindimensionalen Festivals.

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