Raab und die neue Liebe zum Land

Stefan Raab und der Rest der Republik haben beim vierten Bundesvision Song Contest einige Überraschungen erlebt. Denn statt einem der prominenten Favoriten haben die Mittelalter-Rocker Subway To Sally das Rennen gemacht. Die rheinland-pfälzische Band Peilomat ist auf Rang 13 gelandet.

Bitburg. (kah) Drei Sachen konnten die Zuschauer im Bitburger Coyote-Café, der Tui-Arena in Hannover und dem Rest der Republik bei Stefan Raabs Bundesvision Song Contest lernen: Erstens, es kommt immer anders als man denkt. Zweitens: Die Deutschen mögen es hübsch laut und düster. Drittens: Was dieser Mann auch anpackt, es verwandelt sich in Gold. Und noch etwas Viertes hat sich gezeigt: Deutschland erlebt dank Stefan Raab eine neue Form des Patriotismus, die so unschuldig ist, dass keiner sich zu schämen braucht. Die Liebe zum Bundesland. Oder wie sonst wäre es zu erklären, dass die Hamburger den Rapper "Das Bo" bei der Frisur und den Texten mit zwölf Punkten ausstatten?Bei Stefan Raab werden Subkulturen hoffähig

16 Bands aus 16 Bundesländern sind beim vierten Bundes Grand Prix gegeneinander angetreten. Ihre Musik hatte nur eines gemeinsam: Texte in deutscher Sprache. Ansonsten hätte die Mischung wilder nicht sein können: freundlicher Pop, sinnfreier Rap und düsteres Mittelalter-Metal. Und irgendwo dazwischen die drei Jungs von Peilomat mit ihrem Song "Jenny". Sie haben Rheinland-Pfalz vertreten und ihr Land hat ihnen per Live-Schaltung vom Bitburger Coyote-Café aus seine Punkte übermittelt. Dort waren auch Judith Nieder und Natalie Stuckart aus Wittlich. Sie finden, Peilomat hätte gewinnen müssen - "weil sie die besten Texte schreiben, am besten aussehen und tausendmal besser sind als Tokio Hotel." Doch es langte nur für Platz 13. Das vorderste Feld haben Bands für sich entschieden, mit denen keiner gerechnet hatte. Statt Laith Al-Deen (Baden-Würtemberg), Sportfreunde Stiller (Bayern) oder Culcha Candela (Berlin) haben es die Brandenburger Mittelalter-Rocker Subway to Sally auf Platz eins geschafft. Mit nur einem Punkt Vorsprung vor Clueso aus Thüringen. Die beiden hatten sich ein Kopf an Kopf-Rennen geliefert, dessen Ausgang die Stimmen aus Niedersachsen im letzten Moment wendeten. Cluesos Erfolg war die größte Überraschung des Abends. Bis zuletzt wirkte Stefan Raab verdattert. "Hättest Du nicht gedacht", brüllte Subway To Sally-Sänger nach der Preisverleihung denn auch hämisch in das Mikro, das er dem Moderator weggerissen hatte. Platz drei belegte die Gothic-Band Down Below aus Sachsen-Anhalt. Ebenfalls ein erstaunliches Ergebnis angesichts einer düsteren Truppe. Was einst Subkultur war, wird - packt Raab es an - hoffähig. Und ganz nebenbei lernen Millionen Fernsehzuschauer, dass Hamburg einen Hafen hat, Sachsen eine Schweiz und Rheinland-Pfalz den besten Wein der Welt. Wer stört sich da schon an so was wie Frisuren?

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