Raserei in der Kampfbahn

TRIER. Diesmal dauert es eine Weile, doch auch bei ihrem zweiten Auftreten in Trier infiziert "ABBAmania" ihr Publikum. Zweieinhalb Stunden lang lässt die Revivalband der legendären schwedischen Popgruppe Abba im Amphitheater Trier die 70er Jahre wieder aufleben.

"Manie", so belehrt das Lexikon, kommt aus dem Griechischen und bedeutet "Raserei" oder "Besessenheit". Als psychische Krankheit geht die Manie einher mit "ständiger Geschäftigkeit ohne erkennbaren Nutzeffekt" sowie einer "grundlos heiteren Stimmung". Das alles wollen also die sieben Musiker aus dem Londoner Westend auslösen, die kurz nach 20 Uhr die Bühne im fast ausverkauften Amphitheater betreten. Nun ja, wie vom 70er-Jahre-Fieber Geschüttelte sehen die mei-sten der gut eintausend Besucher des vom Trierischen Volksfreund präsentierten Konzerts auf den ersten Blick nicht aus: Bei Temperaturen wenig über Null prägen braune und schwarze Jacken das Bild, nicht selten mit wärmenden Daunen gefüllt. Weite Schlaghosen und knallbunte Hemden sucht das Auge vergebens, von einem rosa Damen-Oberteil und ein paar mit Blümchen bedruckten Jeans einmal abgesehen. Das Publikum ist durchaus nicht einer Generation zuzuordnen: Graumelierte Herren sitzen neben jüngeren Damen, die allenfalls vom Wickeltisch aus mitbekommen haben dürften, wie Abba vor rund 30 Jahren die Hitparaden stürmten. Einer der großen Erfolge der Schweden war "Waterloo", der das Konzert eröffnet. Die Band wirkt noch nicht ganz in ihrem Element, und auch in den Sitzreihen dominiert eher Wohlwollen denn Begeisterung. Allein am rechten Rand des Auditoriums hat sich eine Gruppe Damen und Herren in den besten Jahren - vielleicht ein Kegelclub? - von den Sitzen erhoben und wippt und klatscht vergnügt im Takt. Sie bleiben auf verlorenem Posten, bis die Band die Initiative ergreift und ihr Publikum zum Aufstehen bittet. Als erstes ist eine junge Dame aus Reihe neun auf den Beinen, der die Begeisterung ins Gesicht geschrieben steht. Zum ersten Mal kommt so etwas wie Konzertstimmung auf, hunderte von Händen klatschen zu "Mama mia" im Takt. Doch schon einen Song später lässt sich das Publikum offenbar erschöpft auf den Sitzflächen nieder. Die junge Dame aus Reihe neun hält es nicht mehr auf ihrem Platz: Zusammen mit ihren zwei Begleiterinnen entflieht sie der Stuhlenge und schwingt das Tanzbein, bis "Money, Money" den ersten Konzertteil beendet hat. Erst eine halbe Stunde und ein Gläschen Sekt später springt der Funke der britischen Doubles von Anni-Frid Lyngstad, Agnetha Fältskog, Björn Ulvaeus und Benny Andersson von der Bühne auf die Stuhlreihen über: Bei der Disko-Hymne "Super Trooper" ist die tanzende Dame aus Reihe neun nur noch eine unter vielen, der Kegelclub hält Wunderkerzen in den dämmrigen Abendhimmel und, sogar Tanzpaare ziehen ihre Kreise über die staubige Kampfbahn. ABBAmania hat weite Teile vor allem der weiblichen Zuhörerschaft ergriffen. Das liegt sicher auch daran, dass die Musiker auf der Bühne nun die ganz großen Abba-Hits zum Besten geben: "SOS", "Take a chance on me", "Gimme, gimme, gimme", "Dancing Queen". Jetzt ist sie da, die Raserei und heitere Stimmung, und sie will nicht weichen. Mit zwei Zugaben geht ABBAmania schließlich umjubelt zu Ende. Ach übrigens: die junge Dame aus Reihe neun heißt Natalie, ist 28 Jahre alt und findet das Konzert "einfach genial", auch wenn das Publikum weniger euphorisch gewesen sei als beim ersten Konzert in der Trier Arena.So ist der letzte Song des Abends auch gleichzeitig ihr Resümee: "Thank you for the music". Bilder vom Konzert in unseren Clickme-Galerien

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