Retro ist in

TRIER. "Offene Zweierbeziehung": Das war Ende der 70er-Jahre das revolutionäre Modell für eine Ehe ohne Treue-Verpflichtung. Die Idee setzte sich nicht recht durch, wohl aber das Kult-Theaterstück, das Lästermaul Dario Fo und seine Frau Franca Rame darüber schrieben. Das Theater Trier gräbt die Komödie ab Sonntag wieder aus.

 Viel Spaß bei den Proben: Regisseur Jürgen Lorenzen (rechts) mit seinen Akteuren Barbara Ullmann und Michael Ophelders. TV-Foto: Friedemann Vetter

Viel Spaß bei den Proben: Regisseur Jürgen Lorenzen (rechts) mit seinen Akteuren Barbara Ullmann und Michael Ophelders. TV-Foto: Friedemann Vetter

Manchmal schreibt das Leben Geschichten, die sich kein Autor zu erfinden trauen würde. Da sollten die Schauspieler Michael Ophelders und Sabine Brandauer - im echten Leben ein Paar - das bis aufs Messer zerstrittenes Ehepaar in Dario Fos "Offener Zweierbeziehung" spielen. Doch das lang gehegte familiäre Wunschprojekt platzte - weil gemeinsamer Nachwuchs dazwischenkam. Comeback für Barbara Ullmann

Der unvorhersehbare Sieg der realen Harmonie über den fiktiven Beziehungsknatsch erwies sich wiederum als Glücksfall für Barbara Ullmann. Der einstige Trierer Publikumsliebling, seit dem Ausstieg aus dem Ensemble vorrangig an "fremden" Bühnen tätig, hat die Rolle der renitenten Ehefrau neben Ophelders übernommen und beschert so sich und den Zuschauern das erste Wiedersehen in einer Hauptrolle seit eineinhalb Jahrzehnten. Das ist nicht der einzige nostalgische Aspekt dieser Produktion. Regisseur Jürgen Lorenzen, mit "Lady's Night" und "Diener zweier Herren" in bester Erinnerung, inszeniert die Komödie in einer Ausstattung, die dem Betrachter die eigene Vergangenheit schmerzhaft ins Gedächtnis zurückruft. "Retro ist in", sagt Lorenzen - und stößt auf begrenzte Begeisterung bei seiner Hauptdarstellerin. "Ich hätte nie gedacht, dass ich solche Klamotten nochmal tragen muss", stöhnt Barbara Ullmann. "Wieso, ich hatte die nie ausrangiert", kontert Ophelders trocken. Wenn die Produktion so gute Laune verbreitet wie ihre Akteure bei der Probe, wird sie ein Schlager. So ganz up to date ist das Thema freilich nicht mehr. Ende der 70er-Jahre gehörte es zum progressiven Zeitgeist, die eheliche Treue zumindest männlicherseits als antiquiertes Relikt einzustufen. Offene Zweierbeziehung, das hieß: Jeder darf mit jeder. Als freilich manche Ehefrau daraus den Schluss zog, nun dürfe auch jede mit jedem, war bei den Herren der Schöpfung Schluss mit lustig. Genau auf diese Situation hebt das Zwei-Personen-Stück ab. Es rappelt kräftig im Karton, und Regisseur Lorenzen bremst nicht, sondern gibt Gas. Seine Akteure dürfen frontal ins Publikum spielen, Animations-Effekte inklusive. Auf zwanghaftes Aktualisieren wird verzichtet, man setzt trotz der Patina auf die Zeitlosigkeit bestimmter Komödien-Elemente. "Wenn Mann und Frau streiten, das funktioniert immer", grinst Michael Ophelders, und Barbara Ullmann verweist auf die "sehr breite Klaviatur von Genres", die da persifliert werden. Die Produktion ist übrigens mit Ausnahme des Regisseurs komplett "hausgemacht". Der technische Leiter des Theaters, Peter Müller, hat die Bühne gestaltet, Carola Vollath darf bei den Kostümen nach Herzenslust in die Mottenkiste tauchen. Thomas Bracht ("Theatersport") hat eigens einen Song komponiert. Ach ja, und noch so eine Story, die das Leben schreibt: Die Komparsenrolle des Liebhabers übernimmt Rolf Rockenfeller. Und der war in gleicher Funktion schon dabei, als die Komödie im Dezember 1986 das erste Mal in Trier aufgeführt wurde, damals noch im Studio. Mal sehen, ob sich das Stück so gut gehalten hat wie der Darsteller. Premiere: 4. März, 19.30 Uhr. Vorstellungen: 10., 14., 24., 30. März, 8., 17., 27. April.

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