Rettung in letzter Minute

TRIER/MAINZ. Überraschende Wende in Sachen Amphitheater-Tribüne: Das Land hat sich bereit erklärt, die Finanzlücke zu schließen und damit die Sitzplätze auf den Rängen zu ermöglichen. Voraussetzung ist, dass sich auch die Wirtschaft und die Kommune beteiligen.

 Rückblick ins Jahr 1992: Da durfte das Publikum zum letzten Mal auf die Ränge. Noch heute schwärmen viele von diesem Erlebnis. TV-Foto: Josef Tietzen

Rückblick ins Jahr 1992: Da durfte das Publikum zum letzten Mal auf die Ränge. Noch heute schwärmen viele von diesem Erlebnis. TV-Foto: Josef Tietzen

Kultur-Staatssekretär Joachim Hofmann-Göttig betätigte sich als Deus ex machina: Mainz wird helfen, wenn am Ende trotz der Bemühungen vor Ort die 65 000 Euro Zusatzkosten für die zeitweilige "Überbauung" der Ränge nicht aufgebracht werden können. "Wir sehen die besondere überregionale Bedeutung der Antikenfestspiele, gerade im Zusammenhang mit der Konstantin-Ausstellung", sagte Hofmann-Göttig gegenüber dem TV.Die Kuh gemeinsam vom Eis gebracht

In den kurzfristigen Entscheidungsprozess hatte sich auch der künftige Trierer OB Klaus Jensen eingeschaltet. "Ich bin froh, dass wir diese Kuh gemeinsam vom Eis bringen konnten", betonte Jensen, der Anfang April sein Amt antritt. Er war in der vergangenen Woche in Mainz vorstellig geworden, nachdem die ambitionierte Planung von Bühnenbildner Francois Valentiny und Regisseur Kurt Josef Schildknecht für die Produktion der Oper "Samson und Dalila" und das Schauspiel "König Ödipus" zu scheitern drohte (der TV berichtete). Auch die Initiative Region Trier und die Handwerkskammer hatten sich bei der Landesregierung für die Tribüne stark gemacht, allerdings beim Wirtschaftsministerium. An der jetzigen Lösung sind laut Hofmann-Göttig sowohl Kultur- als auch Wirtschaftsministerium beteiligt. Für Freude sorgte die Wende vor allem bei Ausstatter Francois Valentiny. Der Luxemburger Architekt, der erst am letzten Sonntag mit seinem Bühnenbild für "Andrea Chenier" einen Triumph feierte, sprach von einer "zweiten Geburt der Antikenfestspiele, jedenfalls der Anfang davon". Er freue sich auch für Intendant Gerhard Weber, "von dem die ganze Idee eigentlich ausgegangen ist". Der aufwändige Bau einer großen Bühnenlandschaft im Innenraum und auf den West-Rängen könne jetzt konkretisiert werden - "eine Riesen-Herausforderung für uns". Auch von der Abteilung "Burgen, Schlösser, Altertümer", die für das Land die antiken Stätten betreut, kam noch einmal grünes Licht für die Überbauung der Ränge "durch eine temporäre Tribüne, die nichts kaputt macht", wie es BSA-Chef Thomas Metz formulierte. Man kenne freilich noch nicht "die konkrete technische Lösung". Bereits in der Ära Kindermann habe es entsprechende Pläne gegeben, und man habe damals "bedauert, dass es aus Kostengründen nicht zustande kam." Auf den betroffenen Rängen gebe es "archäologisch keinen Befund", so dass eine Verankerung möglich sei. Die Bühne bei Bedarf dann zwei Monate vor Ort stehen zu lassen, sei "überhaupt kein Thema". Metz weist allerdings auf ein anderes Problem hin, das weniger mit dem antiken Bauwerk als mit der Umgebung zu tun hat. Angesichts der Lage mitten in einem Wohngebiet hält er "mehr als 18 bis 20 Veranstaltungstermine im Jahr für nicht zumutbar". Würden diese langfristig von den Antikenfestspielen und "Brot und Spiele" ausgeschöpft, bliebe kein Raum mehr für die zugkräftigen Konzerte eines Veranstalters wie Ingo Popp. Und noch aus einem anderen Grund sieht Metz Grenzen der Entwicklung im Amphitheater: Eine dauerhafte Bebauung der Ränge erfordere einen förmlichen Bebauungsplan, "und den kriegen wir in der Nachbarschaft nie durch". So hat "Burgen, Schlösser, Altertümer" bei aller Unterstützung für die aktuellen Projekte langfristig eine weitere, ergänzende Perspektive. Thomas Metz denkt darüber nach, wie man die Kaiserthermen für einen größeren Publikumszuspruch aufrüsten könnte. Seine Idee: Eine große Tribüne, die von der Palaestra her aufgebaut wird und den inneren Thermenkomplex komplett für die Szene frei lässt. Dann wären auch dort monumentale Werke möglich, mit vielen Komparsen, für bis zu 2000 Zuschauer. Im Moment reine Zukunftsmusik. Aber, so sagt Metz, "kein Grund, nicht mal mit allen Beteiligten darüber zu reden.

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