Roadmovie im Nebel

TRIER. Als Gitarrist und Komponist der erfolgreichen Band Fury In The Slaughterhouse steht er seit fast zwei Jahrzehnten auf der Bühne. Im Trierer Forum präsentierte Thorsten Wingenfelder Songs, die manchmal geschmackvoller instrumentiert als betextet waren.

 Der "Fury In The Slaughterhouse"-Gitarrist Thorsten Wingenfelder im Trierer Forum. TV-Foto: Frank Göbel

Der "Fury In The Slaughterhouse"-Gitarrist Thorsten Wingenfelder im Trierer Forum. TV-Foto: Frank Göbel

Thorsten Wingenfelder geht es nicht gut. Erkältung, Übelkeit, klagt er. Anzumerken ist ihm das auf der Bühne im nur mäßig gefüllten Forum nicht. Dort sitzt er auf einem Hocker, flankiert von Keyboarder Ecki Hüdepohl und dem Gitarristen Peter Jordan. Zusammen machen sie einen "Unplugged"-Sound, dem üblicherweise Attribute wie "erdig", "kernig" und "authentisch" zugebilligt werden - und das gilt auch für den Abend in Trier uneingeschränkt. Die Akustikgitarren werden meist gezupft, selten geschrammelt, das Klavier perlt, und die Hammondorgel röhrt warm und wummernd dazu: Das klingt nach weiten, wenn auch grauen Horizonten, wie sie in "Winterday" besungen werden, nach "nassen Straßen", die geradewegs durch Springsteens Nebraska führen. All dieser amerikanischen Roadmovie-Atmosphäre zum Trotz sind die Texte von Wingenfelders letzter Platte erstmals auf Deutsch. Und hier wird es bisweilen problematisch. Mögen die "Fury"-Texte auch keine intellektuellen Fundgruben gewesen sein - sie waren eben in Englisch gehalten, und da hört man nicht immer so genau hin. Wenn Wingenfelder in "360° Heimat" aber etwa explizit fragt "Warum hält uns die Geschichte gefangen?" und sich im "Nebel aus Schuld und Sühne" taumeln fühlt, dann muss er sich nicht wundern, dass er sich zumindest aus der linken Ecke Vorwürfe anhören muss. Umso befremdlicher ist solche Schlussstrich-Lyrik, wenn sich Wingenfelder im nächsten Moment wieder naiv unpolitisch gibt und politsche Stoßrichtungen als lächerliche Hirngespinste abtut ("links oder rechts, oben oder unten") und die Wehrmacht, in deren Dienst sein Vater in russische Gefangenschaft geriet, lapidar als "Reichswehrdingsda" bezeichnet. Wer meint, sich mit solchen Themen textlich befassen zu müssen, sollte sich etwas genauer ausdrücken - oder es lassen. Zum Glück widmete sich Wingenfelder schnell wieder unverfänglicheren Themen, beschrieb etwa in "An dem Tag, als ich die Beatles traf" seine natürlich nur herbeigesehnte, Jamsession mit den Fab Four und gab auch "Fury"-Stücke zum Besten. Insgesamt also ein ruhiges Konzert mit sehr schönem Sound - aber auch mit kleinem Beigeschmack.

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