Rollende Räder, unsichere Menschen

BOLLENDORF-WEILERBACH. Der Saal im Schloss mit seinen 80 Plätzen konnte den Andrang der Besucher nicht fassen. Die Schriftstellerin Gabriele Wohmann traf auf ein höchst interessiertes Publikum. Die Veranstaltung des Eifeler Literaturfestivals wurde vom Trierischen Volksfreund präsentiert.

Sitzplätze waren rar und Stehplätze ebenfalls. Der Andrang im Schloss Weilerbach nahm zeitweise bedenkliche Ausmaße an. Vorn im Saal, ausgesprochen poetisch, ein Flügel mit Blumenstrauß, daneben der Tisch einer örtlichen Buchhandlung, der nachdrücklich an die Verkäuflichkeit des Geistigen erinnerte, das Lesepult, und über allem spannte sich eine futuristisch-metallene Scheinwerferbrücke. Ein modernes Stilleben. Zeitgerecht und zeitironisch. Das passende Ambiente für Gabriele Wohmann. Die wartete die freundliche Begrüßung des Bürgermeisters und die substanzreichen Einleitung von Literaturfestival-Chef Josef Zierden ab, bat sich milderes Scheinwerferlicht aus und las. Gradlinig, keine Attitüden. Ihr resoluter Alte-Dame-Tonfall bringt eine mild-ironische Distanz ein und sogar ein wenig vorsichtige Weisheit. Die Schriftstellerin stellte ihren jüngsten Erzählband "Fahr mal ruhig 2. Klasse" vor. Scharf beobachtete Geschichten - keine Reiseerzählungen, sondern Momentaufnahmen von manchen Situationen unterwegs. Wo sich Menschen der Bewegung anvertrauen, verlieren sie ihre geistige Bodenhaftung und geben etwas Preis von der Sicherheit ihrer Grundsätze. Da kommt es zu komisch-ernsthaften Dialogen, in denen sich in der Regel die Abgründe menschlicher Unzulänglichkeit offenbaren. Dafür bietet Gabriele Wohmann ihre scharfsinnige Beobachtungsgabe auf, ihren perspektivenreichen, vielschichtigen Erzählstil, ihren Humor und ihren Tiefsinn. Öffentlich vorgelesen stellt sich Literatur anders dar als bei der Privatlektüre. Da werden Dinge bedeutsam, die der stille Leser übersieht. Bei Gabriele Wohmann ist es vor allem die erstaunliche Bewegung von der Alltags-Beobachtung zur Philosophie, von der Diskussion ums Rauchen im Nichtraucherabteil beispielsweise zur Rechtfertigungslehre des Reformators Martin Luther. Das macht ihre Prosa so reich. Die Besucher lauschten hingebungsvoll, lachten gelegentlich verständnisinnig und stellten sich am Ende geduldig zum Signieren an.

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