Rotor statt Riesenrad

Im Trierer Theater wird dieser Tage emsig für die "Fledermaus" geprobt. Obwohl sie gar nicht auf dem Spielplan steht. Während die Antikenfestspiele Solisten und Chor in Anspruch nehmen, geht das Orchester fremd: Ab kommender Woche spielt man in der Merziger Zeltoper zur Kult-Verwechslungskomödie von Johann Strauß auf.

Trier. (DiL) Und weil es einfacher (und preiswerter) ist, wenn ein Dirigent zu 40 Musikern kommt als umgekehrt, macht sich Zelt-opern-Chef Joachim Arnold regelmäßig aus dem Saarländischen auf den Weg zum Trierer Augustinerhof. Denn der Intendant führt den Taktstock nach längerer Enthaltsamkeit diesmal wieder höchstselbst.Im Merziger Zelt kitzelt Regisseurin Annette Leistenschneider derweil das komische Talent aus ihren Akteuren heraus. Nach drei Opern mit tragischem Ausgang (Rigoletto, Traviata, Freischütz) will man sich und dem Publikum einen Spaß gönnen. Die Komödien-Spezialistin, vor Jahren an der Saar für einen affenkomischen "Barbier von Sevilla" verantwortlich, mag es turbulent. "Das wird wohl weniger tiefgründig und psychologisch", ahnt Arnold, "und dafür extrem tempogeladen".Formel-1-Tempo verblüfft Musiker

Und darauf will er, so scheint es, im unterirdischen Trierer Probenraum auch das Orchester einschwören. Das bedeutet Umgewöhnung, musizierte doch István Dénes die letzte Trierer Fledermaus vor drei Jahren im behaglichen Tempo des Wiener Prater-Riesenrads. Gemessen daran entfaltet Arnold eher die Geschwindigkeit des Rotors einer Windkraftanlage bei mittlerem Sturm. Entsprechend kämpfen auch manche Musiker mit dem Formel-1-Speed. Und schauen entsprechend ungläubig, wenn der Dirigent nach der Passage strahlendes Blickes sagt: "Ich war eigentlich noch eine Spur zu langsam". Noch mehr Verblüffung auf den Gesichtern, als Arnold mitteilt, was alles gestrichen wird. Aber bis zur Premiere sind es ja noch ein paar Tage, da wird man sich schon verständigen. Das dürfte auch bei den Solisten im Zelt möglich sein. Obwohl "Eisenstein" Björn Arvidsson aus Schweden kommt, "Adele" Debra Fernandes aus New York und "Orlofsky" Lucie Ceralova aus Tschechien. Alle Akteure haben langjährige Erfahrung auf deutschen Bühnen. Mit Frauke Schäfers "Rosalinde" ist sogar eine geborene Pfälzerin dabei, was allerdings die Sache nicht unbedingt erleichtert, wird doch Hans Josef Eichs "Frosch" ein waschechter Saarländer sein, und da haben "Pälzer" meistens nichts zu lachen.Intendant hofft auf reges Interesse aus Trier

Die "Trierer Farben" vertreten neben dem Orchester mit Tobias Scharfenberger (Dr. Falke) und Berthold Hirschfeld (Dr. Blind) zwei Merziger Stammgäste. Kein Wunder, dass Joachim Arnold darauf hofft, dass der Publikumszuspruch aus der Region Trier wie in den letzten Jahren weiter anhält. Trotz des ungewohnten Zeitpunkts, der damit zusammenhängt, dass Arnolds "Musik-Theater Saar" im August im Saarbrücker E-Werk eine "Aida" herausbringt. Premiere am 20. Juni, weitere Vorstellungen am 22., 23., 27., 29. und 30. Juni sowie am 1., 4., 6., 7., und 8. Juli. Kartentelefon: 0681/ 99 26 80. Infos auch unter www.musik-theater.de.

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