Samba-Feuer

TRIER. Samba und Bossa Nova in der Tufa: "Brasiliana" hieß das Programm, mit dem die Big Band des Hessischen Rundfunks und die brasilianische Pianistin Eliane Elias Zuckerhut-Flair in die Tufa zauberten.

Die 20-köpfige Big Band des Hessischen Rundfunks hat das Konzert in der Trierer Tuchfabrik bereits eröffnet, ihr erstes Stück gespielt. Freundlichen Beifall gibt es von der leider nur rund 160 Zuhörern im Großen Saal dafür. Dann kündigt Chefdirigent Jörg Achim Keller - gekleidet mit schwarzem Anzug, weißem Hemd und Fliege, dazu geschniegeltes schwarzes Haar - den Gaststar des Abends an: die in São Paulo geborene, doch seit Jahren in New York ansässige Komponistin, Pianistin und Sängerin Eliane Elias. Eine schlanke Blondine in langem braun-schwarzen Samtkleid mit hochhackigen Schuhen betritt die Bühne, strahlt das Publikum an, verbeugt sich, macht artig einen Knicks. Beifall brandet auf, die 1960 geborene Elias setzt sich an den Flügel und legt sogleich los wie die Feuerwehr. Dynamisch-kraftvoll ist dabei ihr Anschlag, sie steigert das Tempo, hämmert geradezu auf die Tasten ein. Ihr flinkfingriges Klavier-Spiel stachelt zunächst in der Trio-Besetzug den hervorragenden Bassisten Thomas Heidepriem sowie den dänischen Gast-Schlagzeuger zu jazzigen Höchstleistungen an. Dann springt der Funke im nächsten Stück "September" - wie die meisten Kompositionen eine Nummer aus der eigenen Feder der Brasilianerin - auf das gesamte Orchester über. Langsam, getragen beginnt das Werk, lädt zum Träumen ein. Elias‘ Finger streicheln die Tasten, entlocken dem Flügel leise, melancholische Töne, bevor der "September" schneller wird und immer mehr Musiker der heftig swingenden Hessen einsteigen. Vornehm halten sich die Bläser in der Länge ihrer Soli zurück, überlassen das Ende des Stücks wieder ihrem Gaststar, der es mit perlendem Klavierspiel ausklingen lässt. Ständig hält die Elias während des Konzerts Blickkontakt zu den Mitspielern, lächelt sie an und strahlt mit ihnen um die Wette. Davon angesteckt ist auch Orchester-Chef Keller, der - höchst "sparsam" im Dirigat - oft über sie nur staunen kann und geradewegs von ihr verzaubert zu sein scheint. Doch wer wollte sich ihrer Ausstrahlung entziehen? Sinnlich-rhythmisch bewegt sie sich auf dem Klavierhocker, spielt bisweilen einhändig weiter, lässt ihren Oberkörper nach hinten überkippen oder wirft die langen blonden Haare mit aufreizender Geste über die Schulter. Neben ihren eigenen Werken - darunter zwei mit rauchiger Stimme ins Mikro gehauchten Songs - zollt die Elias den Komponisten ihrer Heimat Tribut, zum Beispiel Antonio Carlos Jobim. Meist im Zusammenspiel mit dem dänischen Drummer des Hessen-Orchesters entfacht die brasilianische Klavier-Zauberin an diesem Abend wahre Samba-Feuer. Bei den Solo-Einlagen der Bläser ernten vor allem Martin Auer (Flügelhorn), Tony Lakatos (Saxophon) und Lokalmatador Peter Feil (Posaune) anhaltenden Beifall. Einziger Wermutstropfen des tollen Abends: Das vom Jazzclub Eurocore veranstaltete Konzert hätte wesentlich mehr Besucher verdient gehabt.

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