"Schöpfer der neuen Sinfonie"

Komponist, Virtuose und Improvisator an der Orgel: Hans Rott wurde heute vor 150 Jahren in Wien geboren. Er gilt heute als der"Schöpfer der neuen Sinfonie" - auch wenn seine Werke seinerzeit nie zur Aufführung kamen. 1884 verstarb Rott im Alter von 26 Jahren in einer Nerven-Heilanstalt.

Wien. (red) Das Kreative lag Hans Rott offenkundig im Blut: Er war der Sohn des Volksschauspielers und Komikers am Theater an der Wien, Carl Mathias Rott. Seine Mutter, Maria Rosalia, war ebenfalls Schauspielerin und Sängerin am gleichen Theater. Hans Rott studierte von 1874 bis 1878 am Wiener Konservatorium und war der begabteste Orgelschüler Anton Bruckners und dessen erklärter Lieblingsschüler. Er war Virtuose und glänzender Improvisator auf seinem Instrument.

Zu seinen Freunden zählten unter anderen Gustav Mahler und Hugo Wolf. Von Februar 1876 bis September 1878 war Hans Rott Organist an der Wiener Piaristenkirche. Er schrieb Orchestervorspiele (Julius Caesar, Hamlet), zahlreiche Lieder, Kammermusik, darunter das Streichquartett c-Moll, ein wahres Meisterwerk. Aber auch geistliche Musik, darunter Motetten, ein Tantum ergo, ein Pater noster sowie zwei Messen entstammen seiner Feder. Sein Hauptwerk war zweifellos die Sinfonie Nr. 1 in E-Dur, ein 60-minütiges Werk in der Nachfolge Bruckners. Trotzdem war hier der Komponist seiner Zeit um einiges voraus: Er nahm darin die Sinfonik Gustav Mahlers vorweg. Zu Recht bezeichnete bereits Mahler seinen Kollegen respektvoll als den "Schöpfer der neuen Sinfonie".

So erfolgreich sein musikalisches Wirken auch war - sein Leben endete tragisch. Nach Aufgabe seiner Organistenstelle - er wurde zu Unrecht des Noten-Diebstahls bezichtigt - lebte er vorwiegend vom Musik-Unterricht und den Zuwendungen seiner Freunde. Durch Johannes Brahms, den Widersacher seines verehrten Lehrers, empfing seine Sinfonie am 17. September 1880 eine herbe Abfuhr. Er solle das Komponieren lieber ganz sein lassen, lautete dessen Kommentar. Im elsässischen Mühlhausen sollte Rott eine Stelle als Chorleiter und Musikdirekttor antreten. Doch er kam nicht bis Mühlhausen. Auf der Fahrt dorthin brach seine bereits vorher latent vorhandene Geisteskrankheit offen aus. So hinderte er im Zug mit vorgehaltener Pistole einen Mitreisenden daran, sich eine Zigarette anzuzünden. Er bildete sich ein, Brahms habe den Wagen mit Dynamit füllen lassen, um ihn in die Luft zu sprengen. Hans Rott wurde daraufhin diskret nach Wien zurückgebracht, wo er nach jahrelangem Siechtum am 25. Juni 1884 in der Niederösterreichischen Irrenanstalt an Tuberkulose verstarb.

Zwar wurde zu seinen Lebzeiten nie etwas von ihm aufgeführt, nach Rotts Tod kam aber besonders seine E-Dur-Sinfonie beim Publikum an: Unter anderem wurde sie in Köln, Berlin, Moskau und Tokio aufgeführt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael Bolton Vom erwischt werden
Aus dem Ressort