Schachzug mit Charme

SAARBRÜCKEN. (dd) Wie geht es weiter mit der Museums-Landschaft an der Saar? Das steht in den Sternen, seit Moritz Wullen, designierter Chef der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz, wegen unklarer Zuständigkeiten und Perspektiven abwinkte.

Es gibt schon einen Anwärter auf das Spitzen-Amt der Stiftung: Meinrad Grewenig, Generaldirektor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte. Nun darf weiter spekuliert werden. Etwa über Karl Kleineberg, Chef der Gesellschaft Industriekultur Saar (IKS). Befragt zur IKS-Arbeit am bedeutendsten der drei Industriekultur-"Zukunftsstandorte" an der Saar, in Völklingen, er- läutert er, dass dort das Tätigkeitsfeld der IKS begrenzt sei. Denn für die Völklinger Hütte sei eine andere Landes-Gesellschaft zuständig, die Weltkulturerbe-GmbH. Aber würde man ihn fragen, so Kleine- berg, "würde ich nicht Nein sa- gen". Und denkt schon mal laut nach über ein weniger museal ori- entiertes, offeneres Konzept fürs Weltkulturerbe: Die Besucherzahl lasse sich kräftig steigern, wenn man den allgemeinen Rundgang ohne Eintrittsgeld zugänglich mache, stattdessen Gebühren erhebe für Einzel-Attraktionen. Signal Nummer zwei gibt Grewenig. Er verteidigt seine Praxis, Weltkulturerbe-Gäste am Eingang zur Kasse zu bitten und ihnen da- für alles, was das Denkmal bietet, ohne Extra-Kosten zu öffnen. Neben Wirtschaftlichkeit und Sicherheit führt er dafür auch inhaltliche Argumente ins Feld: Nur dann könnten die Gäste das Denkmal ganzheitlich erfahren, wenn ihnen die Gesamt-Anlage offen stehe und neben Erleben auch Verstehen möglich sei. Die fürs Verstehen nötige Information aber könne das Weltkulturerbe einzig aus dem Ein- trittsgeld finanzieren. Grewenig bezweifelt zudem, dass freier Eintritt mehr Gäste anzöge; gegen diese Annahme spräche etwa das Beispiel Saarland Museum, das 2002 nur wenige besucht hätten. Industriekultur und Kunstmuseum: ein unpassender Vergleich. Warum der Schlenker zum Saarland Museum? Ist mittlerweile mehr dran am Gerücht, Grewenig wolle dorthin wechseln? Immerhin war er dessen stellvertretender Leiter, ehe er 1992 zum Historischen Museum der Pfalz in Speyer ging. Das machte unter seiner Leitung mit publikumswirksamen Ausstellungen und klugen Finanzierungs-Konzepten von sich reden. Populäre Konzepte unter einheitlicher Leitung

Ähnliche Ansätze verfolgt Grewenig seit 1999 auch im Weltkulturerbe. Ansätze, die für Museums-Verhältnisse große Popularität mit sich bringen, jedoch nicht für die Industriekultur: Das legt Kleine- bergs Denkanstoß nahe. Insofern scheint eine saarländische Lösung für die Museums-Vakanz attraktiv: Grewenig als Stiftungs-Vorstand; Kleineberg, zusätzlich zum IKS-Job, als Chef im Weltkulturerbe. Ein populäres Konzept für den Saarbrücker Kunst-Tempel, noch populärere, ökonomisch unterfütterte Ansätze im Völklinger Denkmal; dazu eine einheitliche Leitung für die Industriekultur, bei der bis- lang die Zusammenarbeit zwischen IKS und Weltkulturerbe nicht immer reibungsfrei läuft. Solch ein Schachzug könnte aus Sicht der Landesregierung enormen Charme besitzen.

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