Schön, aber zu kurz

TRIER. Oper am Tresen? Das Theater Trier kam auf die Idee, Donizettis komische Oper "Rita" an einen Original-Schauplatz zu verlegen: Ins "Miss Marple’s", eine in Steinwurf-Weite vom Bühneneingang gelegene gastronomische Institution. Das Ergebnis: Ein flotter, kurzweiliger Musiktheater-Spaß.

Rita ist Wirtin einer Kneipe, die sie "sauber und adrett" führt. Ihren ersten Ehemann Gasparo, einen prügelnden Macho, hat sie glücklich hinter sich gelassen - er ist angeblich ertrunken. Ihr zweiter, Beppo, ist ein armes Würstchen, sorgfältig nach dem Kriterium ausgesucht, dass er seinem Weibe in jeder Hinsicht unterlegen ist. Und weil Gaetano Donizetti ein großer Komödiant war, kommt es, wie es kommen muss: Der Totgeglaubte taucht versehentlich wieder auf, legt aber keinen Wert darauf, seine Frau zurück zu bekommen, der Prügelknabe wittert die Chance, seine rabiate Alte endlich los zu werden, und die kluge Wirtin regelt letztlich alles nach ihrem Gusto. Die dabei entstehenden Turbulenzen spielen sich rund um die Theke im "Miss Marple's" ab - mitten unter den Zuschauern, die als Kneipengäste nicht nur eine ideale Staffage bilden, sondern auch die Chance haben, Opernsängern buchstäblich hautnah bei der Arbeit zuzusehen und zuhören. Norbert Schmitz liefert vom Keyboard aus einen munteren Soundtrack, meist mit Klavier-Klängen, aber auch schon mal als Laute oder Akkordeon getarnt. Natürlich ist die musikalische Version extrem abgespeckt, aber die Genialität des gereiften Donizetti ("Rita" entstand in der Schlussphase seiner Komponisten-Karriere und wurde erst zwölf Jahre nach seinem Tod in Paris uraufgeführt) ist unüberhörbar. Den Sängern ist der Spaß an dieser Low-Budget-Produktion in jeder Sekunde anzumerken. Evelyn Czesla (Rita), Nico Wouterse (Gasparo) und Eric Rieger (Beppo) sind nicht nur herrlich rollendeckend besetzt. Sie spielen und singen sich auch die Seele aus dem Leib, wenn sie rund um die Theke diskutieren, saufen, raufen - und derart erfrischend politisch unkorrekt über die eheliche Rollenverteilung zwischen Mann und Frau philosophieren, dass manche gestandene Ehepaare im Publikum vielsagende Blicke austauschen. Für den allfälligen Getränkenachschub sorgt Stefan Gärtner, als Kellner Bartolo der ruhende Pol des Abends. Indira Rautenberg, sonst als Abendspielleiterin und Assistentin am Trierer Theater tätig, spielt bei ihrer ersten Regie-Arbeit erstaunlich souverän auf der Komödien-Klaviatur. Ein stimmiges Raumkonzept, gute Gags - ohne dabei in die Klamotte abzurutschen - und flottes Tempo sorgen nicht nur für reichlich Beifall, sondern nach 50 Minuten für das kollektive Gefühl, das Stück hätte ruhig noch länger dauern können. Wann kann man das von einer komischen Oper schon mal sagen? Weitere Vorstellungen gibt es am 23. und 30. Mai im "Miss Marple's", am 20. und 27. Mai testet die Produktion die Möglichkeiten der neuen Theke im Foyer des Theaters. Vorverkauf an der Theaterkasse.

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