Schöne Gänseblümchen

LUXEMBURG. (gkl) Mit Werken von Robert Schumann und Modest Mussorgsky kam der Pianist Mikhail Pletnev nach Luxemburg. Neben seinem überragenden Können war es seine bescheidene Art, die das Publikum begeisterte.

Mikhail Pletnev ist ein Musiker, dem nachgesagt wird, einer der größten Pianisten der Gegenwart zu sein. Ein Rezensent schrieb gar: "Wenn Pletnev spielt, ringen die Kritiker um Superlative." Das Erscheinungsbild Pletnevs im großen Saal des Luxemburger Konservatoriums sprach da eine ganz andere Sprache. Wie ein sehr einsamer Mensch kam Pletnev auf die große Bühne, ging ganz bescheiden hinter dem Flügel durch, bedankte sich artig für den Begrüßungsapplaus und setzte sich an die Tasten. Von diesem Moment an katapultiert er seine Zuhörer in eine andere Welt: Der Maestro setzt sich hin und spielt. Robert Schumann stand als erstes auf dem Programm. Zur Eröffnung die Albumblätter I bis V aus "Bunte Blätter", Opus 99. Nichts Spektakuläres also, das Programmheft spricht gar deutlich von "Nebenprodukten" des Schumann'schen Schaffens. In der Tat gehören sie nicht zu den Rosengewächsen, sondern eher in die Gruppe der Béllis perénnis. Pletnev aber zeigte die Schönheiten dieser Gänseblümchen auf, umschrieb jedes einzelne Blütenblatt, wies auf die filigranen Schönheiten dieser oftmals missachteten Gewächse hin. Von ganz anderer Art freilich war die anschließende Fantasie C-Dur, Opus 17, in der Schumann seine ganze Depression, seinen Herzensschmerz und seine übergroße Verzweiflung ausdrückt. Einfühlsamer als Pletnev kann man wahrscheinlich die Leidensgeschichte des Komponisten nicht darstellen. Alles, was Schumann seiner Angebeteten, Clara Wieck, zu Füßen legte, brachte der Pianist zum Vorschein, machte es spürbar, mit erlebbar. Es hatte schon fast etwas Widernatürliches, wie man sich in Luxemburg an den Schumann‘schen Leiden ergötzen konnte. Nach der Pause nahm Pletnev sein Publikum mit in eine Galerie, erläuterte ihm seine Sicht der "Bilder einer Ausstellung" von Modest Mussorgski. Technisch brillant umschrieb er das, was vor seinem geistigen Auge sichtbar wurde. Hier war alles vorhanden, was die Bilder brauchen. Das Pletnev-Konzert war ein erster, ein begeisternder Höhepunkt der diesjährigen Echternacher Festspiele.

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