Schon Kleopatra hatte einen Klappstuhl

Trier · Schöne Möbel gehören ohne Frage zu den wichtigsten Dingen, wenn es ums Wohlfühlen in den eigenen vier Wänden geht. Daran hat sich seit den alten Römern nichts geändert. Kein Wunder, dass die Möbelkunst eine lange Tradition hat. Das beweist auch die bedeutende Möbelsammlung des Trie-rer Stadtmuseums Simeonstift, aus der ab 29. März Exponate in einer Sonderausstellung gezeigt werden. Vorab ein Rückblick auf die Kulturgeschichte des Möbels.

 Ein Prachtstück aus der Sammlung des Trierer Stadtmuseums: Dieser Stuhl mit Dominikanersymbol und kunstvollem Muster stammt aus der Zeit um 1760. Foto: Stadtmuseum Trier

Ein Prachtstück aus der Sammlung des Trierer Stadtmuseums: Dieser Stuhl mit Dominikanersymbol und kunstvollem Muster stammt aus der Zeit um 1760. Foto: Stadtmuseum Trier

Trier. Lange bevor uns das schwedische Möbelhaus, das jedermann duzt, die bekannte Gewissensfrage stellte, war unseren Vorfahren klar, dass sie nicht nur wohnen, sondern mit schönen Möbeln auch möglichst praktisch und angenehm leben wollten. Selbst die alten Germanen, die angeblich immer auf der Bärenhaut lagen, bauten sich bereits Truhen aus ausgehöhlten Baumstämmen zum Aufbewahren ihrer Siebensachen.Keine Lust auf den kalten Boden


Und erst die kultivierten Mittelmeerbewohner: Schon Jahrhunderte vor Christi Geburt hatten sie keine Lust mehr, auf dem Boden zu sitzen. Der antike Ägypter von Welt saß auf Hockern und Klapp-stühlen und benutzte Nackenstützen. Nicht nur drinnen, sondern auch draußen waren Möbel bei den alten Griechen gefragt. Spaziergänger, die auf sich hielten, ließen sich von einem Sklaven einen Faltstuhl nachtragen.
Nicht weniger Wohnkultur pflegten die römischen Nachbarn. Ihre Paläste und Villen statteten sie mit komfortablen, prachtvoll verzierten Möbeln aus, darunter hochlehnige Sessel, Beistelltische und die berühmten Liegebetten, die "Klinen" , auf denen man nicht nur ruhte , sondern auch zu Tisch lag.
Möbel waren schließlich zu aller Zeit gleichermaßen Gebrauchsgegenstände wie Zeugen des Zeitgeschmacks und Ausdruck der Kultur ihrer Besitzer. Ganz entschieden dienten sie auch der Repräsentation und Selbstdarstellung. Berühmt sind die silbernen Tische Karls des Großen oder die barocken Augsburger Silbermöbel (Holzmöbel, über die gestaltete Silberbleche gezogen wurden). Ihre schwindelerregenden Preise sorgten bei einer Pariser Auktion für die gleiche Sensation, wie heute der Preis eines Bildes von Gerhard Richter.Schlichte Anfänge


Vergnügten sich Römer, Griechen und andere Mittelmeer-Anrainer schon früh in ihren Luxusmöbeln, so begann der Möbelbau hierzulande eher schlicht, so richtig erst in der Romanik, als man die Wände der Räume mit Holz verkleidete. Die dabei entstandenen Möbel hatten noch wenig mit dem Wort in seiner ursprünglichen Bedeutung zu tun. (Möbel kommt von lateinisch "mobilis" - beweglich.) Sie waren Einbaumöbel, fest in der Holzvertäfelung verankerte Schränke, Klapptische und Bänke. Bis heute ist davon die "Fensterbank" übrig geblieben. Die frühen Möbel, ob Schränke, Truhen oder Betten, waren einfache, grob gezimmerte Kästen zur Aufbewahrung von Dingen und Menschen. So wie jenes "menschliche Behältnis" auf einem Holzschnitt des 15. Jahrhunderts, der ein Bett zeigt.
Mobil waren lediglich die Tische. Sie bestanden aus Böcken, über die eine Tischplatte gelegt wurde, so dass die Tafel buchstäblich aufgehoben werden konnte. Bevor es gelang, feinere Möbel mit dünnen Brettern herzustellen, musste erst die Säge erfunden werden.Blütezeit Barock


Eine wahre Blüte erlebte die Möbelkunst im Barock. Während die ersten Möbel lediglich mit Schnitzereien verziert waren, entdeckten die barocken Möbelschreiner, die sich inzwischen Ebenisten nannten, die schon im alten Ägypten bekannte Kunst des Furnierens neu. Auf einem Grundgestell aus meist einfachem Holz wurden dabei kunstvolle Muster und Intarsien aus feinen Holzplättchen aufgebracht. Für solche "Marketerien" wurden besonders edle und seltene Holzarten verwandt, wie Rosenholz oder Palisander, aber auch Elfenbein und Perlmutt. Beliebt waren die sogenannten Würfelmarketerien, bei denen dunkle und helle Furnierplättchen würfelartig gegeneinander gesetzt sind und die auch häufig bei den Möbeln aus der Sammlung des Trierer Stadtmuseums zu sehen sind.
Furniere waren übrigens nicht nur schön. Sie hatten wie die Beschläge aus Bronze und vergoldetem Metall auch die Aufgabe, das Licht zu reflektieren und zu verstärken. Richtig gut gelang das, als man ab dem 19. Jahrhundert großflächige Furniere herstellen konnte.
Schöne Möbel blieben übrigens nicht auf die Häuser der Adeligen beschränkt. Bereits im 16. Jahrhundert verhalf das wohlhabende aufstrebende Bürgertum der Möbelproduktion zum Boom, die Industrialisierung 400 Jahre später sorgte für die Massenproduktion. Mit den veränderten Lebensgewohnheiten waren zudem neue Möbeltypen gefragt wie Sekretäre, Kommoden, Pfeilerspiegel, Nähtische, der heutige Schreibtisch und die berühmten barocken Aufsatz- und Tabernakelschränke.
Mit der Einrichtung von sogenannten Empfangszimmern wurden Sitzgruppen aus Sofa, Tisch und Sesseln nötig. Sich im Wortsinn vorkämpfen musste der große Tisch. Bis man ihn in die Mitte des Zimmers stellte, dauerte es bis ins familienfreundliche Biedermeier. Vorher wurde er wie alle Möbel an die Wand gerückt. Schon spannend, die Geschichte der Möbel. Und vieles daraus, das neu erscheint, ist doch schon ziemlich alt.
Die Sonderausstellung "Aufgemöbelt" im Trierer Stadtmuseum Simeonstift wird am Sonntag, 29. März, um 11.30 Uhr eröffnet. Sie läuft bis zum 25. Oktober.
Mit Einrichtungsstücken von der Renaissance bis ins 19. Jahrhundert bietet die Schau erstmals einen Überblick über die städtische Möbelsammlung und unterstreicht die Kunstfertigkeit des Trierer Schreinerhandwerks. Zudem geht sie der Frage nach, ob es ein Trierer Möbel gibt. Der Eintritt am Eröffnungstag ist frei.

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