Schuften für die perfekte Illusion

Die Antikenfestspiele 2007 werden eine echte Mammut-Produktion mit hunderten von Mitwirkenden und riesigen Kulissen. Für die Techniker, Handwerker, Maskenbildner und Kostümschneider des Theaters bedeutet die erste Aufführung auf der gesamten Amphitheater-Fläche eine große Herausforderung.

 Maskenbildner Rüdiger Erbel vom Theater Trier arbeitet am Kopfschmuck für die Oper Samson und Dalila. TV-Foto: Dieter Lintz

Maskenbildner Rüdiger Erbel vom Theater Trier arbeitet am Kopfschmuck für die Oper Samson und Dalila. TV-Foto: Dieter Lintz

Trier. Samson war ein biblischer Held, der mit seinen unermesslichen Kräften ganze Schlachten im Alleingang gewinnen konnte. Peter Müller wäre dieser Tage sicher manchmal froh, er hätte den einen oder anderen Samson zur Verfügung. Aber der technische Leiter des Trie-rer Theaters muss die Material-Schlacht um die diesjährigen Antikenfestspiele mit ganz irdischem Personal bestreiten.Noch nie war die zu bespielende Fläche so groß, noch nie die Aufbauten so hoch. Und auch die Anzahl der notwendigen Kostüme für die Oper "Samson und Dalila" und das Schauspiel "Ödipus" geht weit über normale Theater-Produktionen hinaus. Und das alles bei knallhart kalkuliertem Budget. "Da kann man nicht nur auf Träumen herumreiten", sagt Müller, "es muss nicht nur gut aussehen, es muss auch praktikabel sein."Nach Träumen sehen die nackten Holzgerüste in der Schreinerei beim besten Willen nicht aus. Es wird gesägt, gehämmert und vor allem verschraubt. 16 Meter hoch sollen die symbolischen Tempeltürme später in die Luft ragen. "Eigentlich Wahnsinn", sinniert Schreinerei-Chef Franz-Josef Oberhausen. Seine Kollegen in der Schlosserei stellen derweil ein acht Meter hohes Stahlgerüst im Amphitheater auf. Die Holzverkleidung wird daran befestigt und wiederum mit Stoff überzogen. Obendrauf kommt eine Art Haube, um die Gesamthöhe zu erreichen.Stabilisiert wird das alles mit mächtigen Wasserfässern. "Wasser haben wir im Amphitheater genug", witzelt Peter Müller. Um gleich anschließend zu betonen, dass die Aufbauten "natürlich auf dem festen Teil des Bodens stehen".Unterdessen wird der Malersaal nebenan zum "Raum der tausend Augen". Ausstatter Francois Valentiny hat ein geöffnetes Auge zum Hauptsymbol einer der beiden Streitparteien erkoren. Es ziert nun hundert Schilde. Stück für Stück verzieren Lars Laskowski und seine Kolleginnen die auf dem Boden ausgebreiteten runden Plastikscheiben mit Augen in Orange-Tönen - ein bizarres Bild.Der antike Augenaufschlag begleitet den Betrachter auch in der Schneiderei. Herrenschneider Oliver Schömann bearbeitet gerade die Kostüme, denen man aus der Nähe und bei nüchternem Neon-Licht deutlich ansieht, dass sie nicht gerade aus Samt und Seide bestehen. Theater ist die Kunst der Illusion. "Bei so einer großen Open-Air-Aufführung kommt es auf das Gesamtbild an", erklärt Schümann.Mitte Februar kamen die Entwürfe, seither arbeitet Gewandmeisterin Eva Wilhelm mit ihren Kollegen daran, Lösungen zu finden, die die Ideen von Ausstattung und Regie umsetzen, ohne astronomische Kosten zu verursachen. Mit viel Geld könne man alles machen, sagt Carola Vollath, die die Kostümabteilung leitet. "Aber die echte Kunst besteht darin, mit geringem Finanzaufwand große Wirkung zu erzielen."Das sieht in Rüdiger Erbels Maske nicht viel anders aus. Dort ist man nicht nur dafür zuständig, die Akteure am Abend gut aussehen zu lassen. Bestimmte Ausstattungsstücke werden von den Maskenbildnerinnen in echter Handarbeit hergestellt - weil es sie einfach nicht zu kaufen gibt. Zum Beispiel die 50 Zentimeter hohen, steil aufragenden Kopfbedeckungen für 40 Chorsänger und Komparsen. Sie werden aus tausenden schmaler Baststreifen geflochten und anschließend rot eingefärbt. Eine Arbeit, die man in der Antike allenfalls Sklaven aufgetragen hätte. Aber was tut man nicht alles für eine perfekte Theater-Aufführung.Antikenfestspiele vom 15. Juni bis 14. Juli. Infos und Karten: www.antikenfestspiele.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael Bolton Vom erwischt werden
Aus dem Ressort