Singen mit Händen und Füßen

Trier · Trier Musik ist nicht nur Klang, Musik ist auch Sprache. Vor allem in einem Chor.

Wenn viele Stimmen zusammenkommen, sich kontrastieren, entwickelt sich eine eigenständige Rhythmik. Den Sängern des Jugendchors am Theater Trier gelingt bei der "Fuge aus der Geografie" von Ernst Toch (1930) noch mehr: Sie entlocken der puren Auflistung von Städte-, Länder- und Flussnamen eine Melodie. Die jungen Interpreten setzen sie zusätzlich in Bewegung um. Was nicht nur schön anzusehen ist. Es hilft ihnen, ihren Rhythmus zu finden. Mareike Franz, Tänzerin am Theater, hat die Choreographie mit den Sängern einstudiert, die so zeitgleich stimmliche wie optische Akzente setzen.

Auch gesanglich überzeugt der Jugendchor die mehr als 550 Zuhörer im Theatersaal beim Konzert "Fly!". Besonders mit dem "Dream"-Zyklus, den Chorleiter Martin Folz für Orchester arrangiert hat. Diese Worte der Zuversicht von Abraham Koplowicz, der mit 14 Jahren im KZ Auschwitz ermordet wurde, die die amerikanische Komponistin Diane Abdi Robertson in Musik verwandelt hat, berühren und kommen klar, gestochen scharf, prägnant - dank der deutlichen Aussprache, die Folz von den Sängern einfordert.

Wichtig auch für Songs wie "Dry your tears, Afrika" aus dem Film "Amistad" von John Williams, das Kinder- und Jugendchor auf Afrikanisch singen. Begleitet werden sie von den Musikern des Philharmonischen Orchesters Trier, das der erste Kapellmeister Wouter Padberg gefühlvoll leitet - immer in perfekter Abstimmung mit Chorleiter Folz. Da klappen Übergänge, stimmen selbst konträre Einsätze.

Wundervoll auch Folz‘ Medley "Reise zum Mond", in dem er Klassik (Mozart und Bach) mit Volksweisen ("Der Mond ist aufgegangen") und Pop ("Major Tom") mixt. Geschichten wie diese, Storys vom Reisen, vom Träumen, wollen Folz sowie Vor-, Kinder- und Jugendchor mit dem Konzert "Fly!" erzählen - das gelingt. Erstaunlich, was er und die gut 100 Sänger zwischen sechs und 20 Jahren auf die Bühne bringen - immerhin existieren die Chöre erst seit einem Jahr. In dieser Zeit haben sie bei zwei Opern mitgewirkt ("Midsummer Night's Dream", "Hänsel und Gretel"), und stehen kurz vor ihrer ersten eigenen Produktion: die Kinderoper "Brundibár" (Premiere: 29. Juni).

Die jungen Sänger sind mit Eifer dabei, scheinen sich auf jeden Ton zu freuen. Strahlende Gesichter in den Chören wie im Orchester und im Zuschauerraum. Alle lassen sich von dieser wundervollen Musik tragen, schweben und träumen.

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