"So cool wie mein Vater bin ich leider nicht"

Sie ist dieser Tage begehrter als mancher Pop-Star: Katharina Wagner, Richard Wagners Urenkelin und Favoritin auf die künftige Leitung der Bayreuther Festspiele, gibt nächsten Mittwoch ihr Debüt als Regisseurin auf dem Grünen Hügel. TV-Mitarbeiterin Christa Sigg hatte die Chance auf ein Interview.

Frau Wagner, hätten Sie zum Start nicht lieber ein anderes Werk inszeniert?Wagner: Nein, gerade die "Meistersinger" kenne ich besonders gut, zu diesem Werk habe ich auch etwas zu sagen. Sonst würde ich es nicht machen.Ihr Vater hat mit den "Meistersingern" aufgehört, Regie zu führen. Diese Inszenierung kam ja eher harmlos daher.Wagner: Ja, aber das kann man nicht vergleichen. Wir haben ganz unterschiedliche Auffassungen. Dennoch: Was das Handwerk betrifft, habe ich unheimlich viel von meinem Vater gelernt. Etwa, wie man mit Sängern umgeht, sie positioniert. Die Meistersinger sind nicht unproblematisch. Die Nazis haben sich mit dieser Oper gefeiert.Wagner: An einem Ort wie Bayreuth muss man das mit einbeziehen. Allerdings ändert sich auch die Sicht auf ein Werk im Laufe der Zeit. Und mich interessiert hier ein ganz aktueller Blick. Sicher werde ich nicht die klassischen Erwartungen bedienen.Wie stellt man sich das vor?Wagner: Ich deute das Werk ideologiekritisch. In den "Meistersingern" wird eine Diskussion über Kunst geführt. Über Tradition und Fortschritt. Nürnberg ist für mich eine geistige Haltung, die für die Tradition steht.Ärgert Sie es nicht, dass der Erfolg Ihrer "Meistersinger" quasi zur Voraussetzung für die Leitung der Festspiele wurde?Wagner: Das ist absurd. Aber daran kann man nichts ändern, damit muss ich klar kommen.Sie würden die Festspiele gerne übernehmen, wenn die Bedingungen stimmten. Wie sehen die aus?Wagner: Die Qualität der Festspiele hat Priorität. Das Besondere an Bayreuth muss erhalten bleiben, die besondere Atmosphäre, die Arbeitsbedingungen.Würden Sie das Repertoire ausweiten? Durch Wagners Frühwerk etwa oder andere Komponisten?Wagner: Das Frühwerk könnte ich mir vorstellen. Für andere Komponisten müsste erst die Satzung geändert werden. Mit der Gefahr, dass das Besondere dieser Festspiele verloren ginge.Könnten Sie sich vorstellen, die Festspiele im Team mit Ihrer Cousine Nike oder Ihrer Halbschwester Eva zu leiten?Wagner: Es müsste natürlich irgendwie passen, aber grundsätzlich bin ich für alles offen.Man liest immer, Sie seien sich spinnefeind. Sie begegnen sich doch bei Premieren.Wagner: Natürlich begegnen wir uns da ab und zu, aber wir haben kaum Kontakt.Was hätten Sie sich denn beruflich noch vorstellen können?Wagner: Alternativ hätte mich ein Jurastudium interessiert. Dafür habe ich eine echte Ader. Aber ich liebe meinen Beruf, Regisseurin sein, ist ein echter Traumberuf, in dem ich völlig aufgehe.Wo sehen Sie sich in zehn oder zwanzig Jahren? Mit fünf Kindern im Schlepptau?Wagner: Eher weniger. Das Bedürfnis, eine Familie zu gründen und gleich fünf Kinder zu kriegen, habe ich im Moment nicht. Nein, aber ich sehe mich weiter Regie führen, das mach' ich mit Leib und Seele.Als Intendantin müssten Sie sich da ja einschränken.Ich bin mit Bayreuth so sehr verbunden, dass ich einiges aufgeben würde, um mich ganz darauf konzentrieren zu können. Was macht Katharina Wagner, wenn sie nicht inszeniert?Wagner: Ins Fitness-Studio gehen. Ich laufe jeden Tag eineinhalb Stunden auf dem Crosstraine, als Ausgleich.Und was hören Sie gerne - außer Wagner?Wagner: Was man über die Charts so mitbekommt. Shakira, Anastacia. Und auch Rammstein mag ich ganz gern.Die Premiere rückt näher. Sind Sie nervös?Wagner: Ja, auf dieser Produktion lastet ein wahnsinniger Druck. Das muss man verdrängen. Aber so cool wie mein Vater bin ich leider nicht.

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