So klingt Trier

Das 4. Symphoniekonzert des Trierer Theaters stand ganz im Zeichen des scheidenden Generalmusikdirektors. In der voll besetzten früheren Abteikirche St. Maximin dirigierte István Dénes die Uraufführung seiner "Treveris-Fantasia" über Texte von Ausonius und Alcuinus.

Trier. In Interviews hatte István Dénes seine "Treveris-Fantasia" als Abschiedsgeschenk an die Stadt bezeichnet, deren Musikleben er in den vergangenen 13 Jahren entscheidend mitgestaltet hat. Und da laut Programmheft für Dénes in seinem Werk überall der Geist der Musik Bachs im Hintergrund steht, passte auch der Beginn des Konzerts. Mit seiner Orchesterbearbeitung von Präludium und Fuge Es-Dur BWV 552 wollte Arnold Schönberg Bach nicht orchestral romantisieren, sondern den Orgelklang auf das moderne Symphonieorchester seiner Zeit projizieren. Das ausladende Präludium klingt bei dem Zwölftöner über weite Strecken wie eine reine Orchestrations-Studie. Schon hier sind vor allem die Bläser gefordert, und die Philharmoniker zeigen sich der Aufgabe gewachsen. In der Fuge wird die Leistung der Bläser mit ihrem sensiblen und gut ausbalancierten Spiel noch deutlicher. Dann betreten Chor und Extra-Chor des Theaters sowie die Sopranistin Evelyn Czesla und die Mezzo-Sopranistin Eva Maria Günschmann die Bühne. Klugerweise stellt Dénes die beiden Solistinnen erhöht hinter dem Orchester und vor dem Chor auf. Die zwölf Abschnitte der kantatenförmigen "Treveris-Fantasia" gehen relativ nahtlos ineinander über. Anklänge an Leonard Bernstein

Nach ein paar rein orchestralen Takten steigen Chor, Solistinnen sowie Solo-Violine und Schlagzeug mit großer Virtuosität ein. Die Tonsprache von István Dénes orientiert sich nicht an der Zwölftonmusik und ihrer Weiterentwicklung. Auch nicht an anderen Klassikern des 20. Jahrhunderts, wie etwa Strawinsky. Es gibt Anklänge an die großen Engländer Britten und Tippett, aber vor allem an Leonard Bernstein. Weniger an den der "West Side Story", sondern eher an den der "Chichester Psalms". An Bernstein erinnern die effektvolle Orchesterbehandlung, nicht zuletzt die des Schlagzeugs, und auch die Rhythmik. Besonders beeindruckend gelingen den Ausführenden die beiden virtuosen Fugensätze ("Armipotens" und "Imperii"). Der Chor, von Jens Bingert bestens einstudiert, glänzt auch in den gesanglich schwierigsten Passagen. Und das Theater Trier kann sich wirklich glücklich schätzen, zwei so überragende Stimmen wie Evelyn Czesla und vor allem Eva Maria Günschmann in seinem Ensemble zu haben. Im zweiten Intermezzo der "Treveris-Fantasia" blitzen, humorvoll orchestriert, ein paar Takte aus dem "Mosella"-Lied auf, während im ersten Intermezzo der Klang Trierer Glocken nachempfunden wird - und ein auf- und wieder abschwellendes Martinshorn, geradezu stereophon von links nach rechts durch das Orchester hindurch. Das Publikum ist begeistert, erhebt sich von den Plätzen, Applaus und Bravo-Rufe wollen nicht enden. Man kann István Dénes nur wünschen, dass die Trierer sein tönendes Abschiedsgeschenk in Ehren halten und hin und wieder aufführen wird.

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