Sofortige Kapitulation? Jein!

In jedem Monat empfiehlt TV-Redakteur Andreas Feichtner Rock- und Pop-Konzerte in der Region. Im April haben es ihm dabei ziemlich unterschiedliche Bands aus Deutschland angetan.

Trier. (AF) Hefte raus, Klassenarbeit: Schreiben Sie bitte einen Essay, in dem folgende Worte vorkommen: Fettes Brot. Gentleman. Wir sind Helden. Einstürzende Neubauten. Tocotronic. Wenn Sie sich fragen, was das bitte soll: Diese Bands spielen im April in der Region. Und ich wollte mal drei Wochen lang Lehrer werden, glaube ich. Fettes Brot

Das neue Buch zu Ende lesen oder lieber zur WG-Party? Spaghetti Napoli oder Rahm-Schnitzel? Die neue Gitarre kaufen oder das Geld sparen? Heute Abend: Arsenal gegen Liverpool oder "Grey's Anatomy"? Ich oder wir? Mit jedem Weg, den man einschlägt, wuchert der andere zu. US-Autor Benjamin Kunkel hat die Unentschlossenheit recht erfolgreich betextet. Schon viel früher besungen wurde sie aber von einer norddeutschen Band: Fettes Brot. "Soll ich's wirklich machen oder lass ich's lieber sein? - Jein!", befanden sie 1996. Die drei Hamburger ziehen das auch musikalisch konsequent durch: Hip Hop ist vielleicht die Basis. Soul, Rock und Pop kommt dazu. Mal mehr, mal weniger. Wenn die "Brote" am 24. April in der Trierer Europahalle spielen, dürften sie auch mit ihrer neuen Single ein allnächtliches Ärgernis thematisieren - wenn es in den Fernsehstudios der Kleinstkanäle plötzlich zu heiß für den Bikini wird: "Bettina, zieh dir bitte etwas an". Tocotronic

Das schönste Wort in deutscher Sprache? Da mag jeder eine andere Antwort finden. Mein zweitliebstes deutsches Wort, gleich nach dem universell-verstörenden "doch!", heißt: Sehnsucht. Das stürzt in der zweiten Silbe so kratertief ab, wie früher im ZDF höchstens mal Colt-für-alle-Fälle-Sievers mitsamt Pick-Up. Trotzdem röchelt es noch einen Rest Zuversicht. Für die Hamburger Band Tocotronic ist Kapitulation das schönste Wort. So heißt auch das aktuelle - nicht nur textlich - eindrucksvolle Album. Kapitulation drücke viel mehr aus als nur ordinäres Scheitern. Es sei "ein Zerfall, ein Fall, eine Befreiung, eine Pracht, eine Hingabe". Schön gesagt von den einstigen Slogan-Königen der 90er (damals ganz weit vorn mit Titeln wie "Samstag ist Selbstmord", "Michael Ende, du hast mein Leben zerstört" oder "Alles was ich will ist nichts mit euch zu tun haben"). Und niemand kann so sanft "fuck it all!" säuseln wie Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow. Zu erleben am 18. April in der Rockhal Esch, beim einzigen Auslands-Auftritt der Tour. Neubauten & mehr

 Kapitulation in Luxemburg: Dirk von Lowtzow gastiert mit Tocotronic in der Rockhal. Foto: Band

Kapitulation in Luxemburg: Dirk von Lowtzow gastiert mit Tocotronic in der Rockhal. Foto: Band

Ein Frühlings-Ausflug ins benachbarte kleine Großherzogtum - was kann es Schöneres geben? Mit dieser Frage mögen sich einige deutsche Bands beschäftigen. Denn neben Tocotronic zieht es auch einige andere nach Luxemburg. Und zwar bunt gemixt: Da wären zum einen die Feuilleton-Experten Einstürzende Neubauten um Blixa Bargeld, die es einst mal heftigst scheppern ließen, mittlerweile aber zumindest etwas massentauglicher geworden sind (8. April, Rockhal Esch). Einen Tag später geht es in der Escher Kulturfabrik einem alternden Rock-Pferd langsam wirklich an den Sattel: "Fury in the Slaughterhouse" aus Hannover sind auf Abschiedstour. In der Kulturfabrik gastiert auch Reggae-Freund Gentleman, der dem "Ländchen" die jamaikanische Lässigkeit östlich von Wasserbillig näherbringen will (15. April).Überraschungs-Ei des Monats: Mick Pointer kennen Marillion-Fans als den Schlagzeuger, der vor einem Vierteljahrhundert beim Marillion-Debüt "Script for a Jester's Tear" querfeldein durch die Takte stolperte. Danach stieg er aus - und wurde auch besser. Dass aber Pointer mit Band die komplette Frühphase von Marillion nun wieder live spielt, ist zumindest eine Überraschung. Ob die gelingt, lässt sich am 24. April im ostbelgischen Verviers (Spirit of 66) überprüfen. Zugabe Trier: Exhaus: 3.4. K.I.Z. (dt. Hip Hop), 5.4. Sub7even, 18.4. Hip-Hop-Festival, 25.4. Boozed (Rock), 26.4. Superpunk (Tipp!), 30.4. Demented are Go (Psychobilly). Tufa: 3.4. Olli Schulz (Deutsch-Pop), 14.4. Bruce Guthro, 19.4. Monsters of Liedermaching, Europahalle: 5.4. Maria Mena, 17.4. Wir sind Helden, 24.4. Fettes Brot. Arena: 6.4. Roger Cicero. Freudenburg. Ducsaal: 4.4. BB & The Bluesshacks, 12.4. Brothers in Arms (Dire-Straits-Tribute), 18.4. Holefull (AC/DC). Wittlich, Haus der Jugend: 5.4. Tribute to Nothing/Parachutes. Gerolstein: Nachtcafe: 5.4. Eternal Tango. Luxemburg-Stadt: Den Atelier: 6.4. Nits (80er-Legende aus Holland), 11.4. Dropkick Murphys, 15.4. Broken Social Scene, 26.4. Danko Jones (Rock). Esch/Lux: Rockhal: 5.4. Ill Nino (Metal), 8.4. Einstürzende Neubauten, 17.4. Jean-Michel Jarre (spielt "Oxygene" - Elektro-Tipp!), 18.4. Tocotronic. Kulturfabrik Esch: 8.4. Infectious Grooves (Funk-Metal), 12.4. Out of the Crowd (Indie-Fest mit Forward Russia etc.) (AF)

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