Spiel-Glück mit Noten

LUXEMBURG. Musik durch Zufall? Unsinn ist sie jedenfalls nicht. Das zeigte das Abschlusskonzert der diesjährigen "Rainy Days" in der Luxemburger Philharmonie.

Mag sein, dass zu Beginn der Veranstaltung auf der Bühne im Großen Saal der Philharmonie die Theorie allzu energisch ihr graues Haupt erhob. Mag sein, dass Claude Lenners in der Abschlussveranstaltung der von ihm begründeten "Rainy Days" ein wenig zu ausführlich über das Wirken des Zufallsprinzips in allen möglichen Sparten von Wissenschaft und Kultur referiert. Was dann kam, war ein so überzeugendes Plädoyer für das Zufallsprinzip in der Musik, dass darüber alle populistischen Einwände verstummen müssten. Musik nach Sternbildern? Thomas Henkmeier, Violine, Markus Brönnimann, Flöte, und Jean Halsdorf, Cello, vom neu gegründeten "Noise Watchers Ensemble" zaubern aus dem berühmten "Atlas Eclipticalis" von John Cage eine wunderbar leichtfüßige, hingetupfte Invention, in der nicht die schrillen Töne dominieren, sondern die Konsonanzen, die melodischen Verbindungen über die Instrumente hinweg, sogar Ansätze zu einer eigenwilligen Tonalität. Cages "Winter Music" in einer Fassung für vier Klaviere (Yusuf Ansari, Yvan Boumans, Albena Petrovic, Joachim Wagner, E-Klaviere) entwickelt sich zu einem reizvollen Vierer-Gespräch in Tönen. Jean-Paul Hansen, Oboist der "Noise Watchers" behauptet sich bei Arthur Stammets "Hautbois aux bois dormants" standfest und musikalisch intelligent im Klangfeld von Geräuschen und zwei elektronisch eingespielten Oboen, deren Klangvorrat aus auch beliebig kombinierbaren Melodiefragmenten besteht.

Und Witold Lutoslawskis "Préludes et Fugue” für Streicher entfaltet beim hervorragenden "Ensemble de la Chapelle St. Marc”, Leitung Jean Halsdorf, eine geradezu Brucknersche Wucht. Lutoslawski hat das Prinzip der "begrenzten Aleatorik" eingeführt und fixierte Partien mit freien sinnreich verknüpft. Dadurch gewinnen seine Kompositionen eine architektonische Dimension, die reine Zufallsmusik nicht besitzt. Nur Unsinn kann sie jedenfalls nicht sein. Dafür steht in diesem Konzert Mozart ein, der wie manche andere im aufgeklärten 18. Jahrhunderts Musik für Würfel erdachte. Zwei Kinder bewegen zwei große Würfel aus Schaumstoff. So entsteht das Menuett Takt für Takt, der von Arthur Stammet präparierte Computer setzt es in Klang um. Und es klingt! Welch schöner Zufall!"Einladung, mit den Ohren zu spielen"

Mit diesem Konzert endeten die diesjährigen "Rainy Days", das Festival für Neue Musik in der Luxemburger Philharmonie. Unter dem Motto "Play!" "Das war eine Einladung, mit den Ohren zu spielen", sagte Philharmonie-Dramaturg Bernhard Günther, der die Veranstaltungsreihe konzipierte und leitete. Mit schätzungsweise 2000 bis 3000 Besuchern sei die Publikumsresonanz gut gewesen. Außerdem sei es gelungen, fünf luxemburgische Ensembles in die Veranstaltungsreihe einzubinden und damit alle prominenten Akteure Luxemburgs im Bereiche Neue Musik. Die "Rainy Days" 2007 stehen unter dem Motto "paint it black". Im Mittelpunkt sollen Nachtstücke stehen, aber auch Klang-Schattierungen vor dunklem Hintergrund. Und im Spiel mit der Dunkelheit soll der Hörer auch sein eigenes Gehör wiederentdecken.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort