Sprachenvielfalt auf der Bühne - Das Programm des Grand Théâtre in Luxemburg

Luxemburg · Umfangreich, bunt, gehaltvoll: Luxemburgs Theaterprogramm bietet mehr als 60 Produktionen in verschiedenen Sprachen. Zuletzt kamen 60 000 Besucher in die beiden Häuser.

 Das Programm ist abwechslungsreich: „Rumpelstilzchen“ (links) ist ebenso zu sehen wie die Performance „Golem“. Fotos: Les Théâtres de la Ville de Luxembourg

Das Programm ist abwechslungsreich: „Rumpelstilzchen“ (links) ist ebenso zu sehen wie die Performance „Golem“. Fotos: Les Théâtres de la Ville de Luxembourg

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Er verkörpert geradezu die Theater Luxemburgs. Direktor Tom Leick präsentiert das Saisonprogramm von Grand Théâtre (GT) und Kapuzinertheater (KT) so virtuos, dass bei der Vorstellung von immerhin 63 Produktionen nicht die Spur von Langeweile aufkommt. Leick spricht Luxemburgisch, Französisch, Englisch und Deutsch perfekt, wechselt spielerisch die Sprachen - ein brillanter Conférencier. Hin und wieder tritt er beiseite für eine kurze audiovisuelle Einspielung. Und zur Ergänzung liefern Bariton Jean Bermes und Daniel Lang am Klavier zu Sketchen eingedampfte Opern-Highlights - an ihrer Spitze Ausschnitte aus Mozarts Oper Don Giovanni, die Luxemburgs Spielzeit am 23 Oktober eröffnet.

Mehr als 60 Produktionen an zwei Häusern - da kommen die meisten Repertoiretheater nicht mit. Die Luxemburger Bühnen sind allerdings anders organisiert. Nur zum kleinsten Teil erlebt man dort echte Eigengewächse. Entweder kauft das Theater Produktionen komplett ein oder praktiziert Partnerschaft mit anderen Häusern. Inszenierung und Akteure des "Don Giovanni" beispielsweise werden von den Festspielen in Aix-en-Provence importiert. Aber unten im Graben steht Gustavo Gimeno am Pult und dirigiert sein Luxemburger "Orchestre Philharmonique".
All das freilich ist meist nur in zwei, vielleicht drei Vorstellungen zu goutieren. Eine echte Vorstellungsreihe und mit ihr ein gemischtes Programm wie im Trie-rer Theater gibt es nicht. Und ob sich mit dem Luxemburger Konzept künstlerische Kontinuität erreichen lässt, ist eine gute Frage. Dafür haben vor allem die Tanz-Enthusiasten allen Grund, dem Großherzogtum dankbar zu sein. Getanzt wird in Luxemburg nämlich reichlich, mit höchst unterschiedlicher Stilistik, aber stets auf oberstem Niveau.

Star-Choreographinnen wie Anne Teresa de Keersmaeker oder Martha Graham geben sich die Klinke in die Hand. Teresa de Keersmaeker präsentiert außer der Reihe das "Red Bridge Project", in dem Grand Théâtre, Philharmonie und Mudam zusammenarbeiten. Sie rücken tanzend und musizierend unter anderem Schönbergs "Verklärte Nacht", das Orchesterstück "Des canyons aux étoiles" von Messiaen oder auch Bachs Cellosonaten in neues Licht. Überhaupt kommen die Kooperationen auf lokaler Ebene zu vielversprechenden Resultaten. Mit der "Body-Opera" von Wojtek Blecharz erreicht die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem Festival "Rainy Days" in der Philharmonie und dem GT einen weiteren Höhepunkt. Und für Philippe Manourys Elfriede-Jelinek-Dramatisierung "Kein Licht" über die Katastrophe in Fukushima konnte das "Lucilin"-Ensemble gewonnen werden, seit langem Statthalter Neuer Musik in Luxemburg.

Auch das übrige Musiktheater kann sich sehen (und hören) lassen. Janaceks "Tagebuch eines Verschollenen", Verdis "Maskenball", Rossinis "Barbier" und Webbers Musical "Evita" bedienen jedenfalls einen Großteil traditioneller Opern- und Musicalfreunde. Für das Webber-Musical wurden sogar stolze zwölf Vorstellungen angesetzt. Zudem verstecken sich spezielle Musiktheater-Projekte im Schauspiel-Teil des Programmheftes - darunter die "Dreigroschenoper", "Sehnsuchtsmädchen" über die Schauspielerinnen Jean Seberg und Nina Simone oder auch (auf Französisch) "Orfeo - ich bin tot in Arkadien" mit Musik von Claudio Monteverdi, der vor 450 Jahren (1567) geboren wurde.

Vor vielen traditionellen Schauspiel-Aufführungen im Kapuzinertheater muss der deutsche Besucher allerdings erst einmal die Sprachhürde nehmen. Was vielen misslingt und andere von der 45-Kilometer-Anfahrt ins Großherzogtum abhält. Knapp ein Dutzend Produktionen laufen auf Deutsch - darunter Ibsens "Gespenster" als Luxemburger Eigenproduktion, Schnitzlers "Professor Bernhardi" von der Schauspielbühne Berlin und ein dreiteiliger Emile-Zola-Marathon vom Hamburger Thalia-Theater.

Mit der Resonanz in der ablaufenden Spielzeit zeigten sich Leick und die luxemburgische Bürgermeisterin Lydie Polfer sehr zufrieden. Die Besucherzahlen beider Häuser zusammen stiegen leicht auf gut 60 000 (in Trier waren es zuletzt 70 000 - so wenige wie noch nie). Für sich allein verbuchte das KT sogar einen deutlichen Anstieg von 5263 auf 6813 Besucher.
Auch die Zusammenarbeit mit den Schulen verlaufe gut. Grund genug jedenfalls für Leick und Polfer, fast unisono zu verkünden, dass das Plus bei den Besuchern ein wichtiger Ansporn sei für beide Theater.Extra: DAS WIRD GEZEIGT

Sprachenvielfalt auf der Bühne - Das Programm des Grand Théâtre in Luxemburg
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 Das Ensemble des Thalia-Theaters zeigt „Die Dreigroschenoper".

Das Ensemble des Thalia-Theaters zeigt „Die Dreigroschenoper".

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 Auch zu sehen und zu hören: Die Oper „Il Barbiere di Siviglia“.

Auch zu sehen und zu hören: Die Oper „Il Barbiere di Siviglia“.

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 „Evita“ ist zwölf Mal zu sehen.

„Evita“ ist zwölf Mal zu sehen.

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 Im Tanz wird viel geboten, hier die „Dancing Grandmothers“.

Im Tanz wird viel geboten, hier die „Dancing Grandmothers“.

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Hier eine Auswahl von Produktionen im Grand Théâtre (GT) und im Kapuzinertheater (KT): Oper (alle GT): Mozart, Don Giovanni, 23., 25., 27. Oktober 2017; Webber, Evita, 19. bis 31. Dezember; Rossini, Il Barbiere di Siviglia, 28. Februar, 2. März, 4. März 2018; Verdi, Un Ballo in Maschera, 17., 20. und 22. April; Debussy, Pelléas et Mélisande, 14. und 15. Juni. Tanz (alle GT): Insgesamt 26 Produktionen, darunter Vamos Cuba! A Sadler's wells London Production, 16. und 17. November; Les Ballets Trockadero de Monte Carlo, 1. und 2. Dezember; Israel Galván, La Fiesta, 11. und 12. Januar; Martha Graham Dance Company, 3. und 4. Februar 2018; Schauspiel und musikalisches Theater Mehr als 30 Produktionen, darunter in deutscher Sprache Sieben Minuten Betriebsrat, KT, 17., 18., 24. und 16. Oktober 2017; Sehnsuchtsmädchen: Jean Seberg & Nina Simone, KT, 16. und 17. Januar; Schnitzler, Professor Bernhardi, GT, 26. und 27. Januar 2018; Brecht/Weil, Die Dreigroschenoper, GT, 7. und 8. März 2018; Isaac b. Singer, Späte Nachbarn, GT, 9. März; Zola-Marathon, GT, 11. März; Ibsen, Gespenster, GT, 12., 19., 21. und 24.April. Außerdem: Red Bridge Project (GT, Philharmonie und Mudam). Neue Musik und Tanz 17. bis 21. März 2018, 17. April 2018, 14. und 15. April 2018, 4. und 5. Mai 2018.

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