Streitbare Frauen, umstrittene Männer

TRIER. Mit einer Aufführung des Schauspiels "Lysistrata" sind die siebten Antikenfestspiele zu Ende gegangen. Besucherzahlen und künstlerische Leistungen waren respektabel, blieben aber hinter dem Vorjahr zurück.

Elf Vorstellungen in den Kaiserthermen und zwei wetterbedingt ins Theater verlegte Aufführungen verzeichneten eine Auslastung, die bei über 80 Prozent liegen dürfte. Für einige Operetten- und Schauspielabende waren keine Karten mehr zu haben. Weil aber insgesamt nur 12 000 Plätze angeboten worden waren, bleibt die Gesamtzahl von gut 10 000 Besuchern deutlich hinter der Vorjahresbilanz mit mehr als 13 000 Zuschauern zurück. Freie Plätze gab es vor allem bei der Orff-Oper "Antigonae", die bei einem beachtlichen Teil des heimischen Publikums die Toleranzgrenze für musikalische Experimente überschritt. Die gleiche Produktion zog übrigens unmittelbar von Trier zu den Orff-Festspielen ins Kloster Andechs weiter - und fand dort bei einer spezialisierten Zuhörerschaft eine begeisterte Aufnahme.Nicht alle Inszenierungen mit glücklicher Hand

Die künstlerische Qualität der Antigonae stand offenkundig außer Frage. Bei den Inszenierungen von Offenbachs Operette "Die schöne Helena" und dem Aristophanes-Schauspiel "Lysistrata" blieben ein paar Fragezeichen, wenn auch aus völlig unterschiedlichen Gründen. Ausgerechnet die schillernde Parodie "Helena" geriet recht brav, während "Lysistrata" reichlich derb daher kam. Dass es dennoch nach den Vorstellungen einhelligen Beifall gab, hing mit den hervorragenden Besetzungen zusammen, die Intendant Lukas-Kindermann präsentieren konnte. Vor allem die "drei starken Frauen", die als Titelrollen das inhaltliche Gerüst der diesjährigen Festspiele bildeten, ragten heraus. Als "Antigonae" brillierte Gail Gilmore, der "Lysistrata" verlieh Angelika Milster eindrucksvolles Profil, und eine exzellente Anette Johansson bewies als Helena, dass sich das Trierer Ensemble keineswegs hinter auswärtigen Stars zu verstecken braucht. Auch bei den männlichen Gegenparts bewies die Festspielleitung mit Besetzungen wie Urban Malmberg (Kreon) und Guildo Horn (Menelaus) ein gutes Händchen. Weniger glücklich, weil mit heißer Nadel gestrickt: das Kinderstück nach Donizettis Oper "Pigmalione". Schade, dass das große Engagement der Akteure durch schlechte Vermarktung und ungünstige Terminierung weit unter Wert verkauft wurde. In Bestform zeigte sich das Team hinter den Kulissen. Technik und Organisation waren tadellos, trotz hoher Anforderungen mit drei Produktionen in unmittelbarer Folge. Auch die Bühnenarbeiter haben ihre Theaterferien redlich verdient.Neuer Intendant setzt auf Römer-Musical und Oper

Im nächsten Jahr wird sich einiges ändern. Der neue Intendant Gerhard Weber kehrt ins Amphitheater zurück, mit dem eigens für Trier geschriebenen Musical "Quo Vadis" von Konstantin Wecker und Heinz-Rudolf Kunze sowie der Verdi-Oper "Attila". Die Themen bleiben im römischen Ambiente, verlassen aber Kindermanns strikte Vorgabe, nur antike Mythen aufzugreifen. Von insgesamt zwölf Aufführungen ist die Rede - angesichts der deutlich größeren Platzkapazitäten im Amphitheater werden offenbar höhere Zuschauerzahlen anvisiert.

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