Theater Trier: Ankommen und weggehen
Trier · Der neue Intendant bringt dem Theater Trier große Veränderungen. Personelle und künstlerische. Alle Sparten bekommen neue Chefs.
Einen Schreibtisch im Trierer Theater hat er noch nicht. Denn dort herrscht chronische Platznot. Doch auch von seinem Übergangsbüro in der Karl-Marx-Straße hat Manfred Langner einen guten Blick auf das Haus, das er ab kommender Spielzeit leiten wird. Ein Haus, dem wegen des Intendantenwechsels erneut große personelle und künstlerische Veränderungen bevorstehen. Tabula rasa wie sein Vorgänger Karl Sibelius wird der gebürtige Wiesbadener allerdings nicht machen. Etwa die Hälfte der Schauspieler, Sänger und Tänzer bleibt. Denn Langner wünscht sich eine Mischung aus Neuem und Bewährtem. "Es mischt sich gerade ganz schön. Es kommen viele spannende Leute", sagt er.
Statt künstlerisches Personal abzubauen, wird Langner die Ensembles vergrößern und dafür auf manchen Gast verzichten. "Ich glaube, dass Trier eigene Ensembles braucht. Da geht es um die Identifikation des Publikums mit seinem Theater", sagt er. Künstlerisch wünscht er sich eine Mischung aus modernen, unterhaltenden, herausfordernden und klassischen Stücken. In jedem Fall solchen, die Geschichten erzählen. Geschichten, die berühren. Geschichten, über die man diskutieren kann.
Im Tanztheater gibt es große Veränderungen: Spartenleiterin Susanne Linke wird das Haus verlassen. "Ich schätze sie sehr, sie hat Großes geleistet für das deutsche Tanztheater", sagt Langner. Doch seien Produktionen, die woanders großen Erfolg gehabt hätten, vom Trierer Publikum nicht so angenommen worden. Neuer Chef der Tanzsparte wird Roberto Scafati, ein Italiener, der aktuell Ballettdirektor am Theater Ulm ist. Scafati habe beim Ulmer Publikum eine wahre Ballettbegeisterung ausgelöst, die Zusatzvorstellungen nötig machten, sagt Langner. Er hofft, dass dies auch in Trier gelingt. Dazu beitragen soll, dass Tanz künftig in eine Handlung eingebettet ist - auch die Geschichte soll die Zuschauer berühren. Statt zehn wird es zwölf Tänzer geben, die auch in Opern und Schauspielen mitwirken. Da das vertraglich derzeit ausgeschlossen ist, werden alle Verträge gekündigt. Mindestens fünf Ensemblemitglieder wollen Langner und Scafati übernehmen, darunter Tanzdramaturgin Waltraud Körver.
Einen noch größeren Wandel erwartet die Opernsparte. Nachfolger von Katharina John wird Jean-Claude Berutti, gebürtiger Franzose, der zwischen 1997 und 2011 die Theater von Bussang und Saint-Etienne leitete, ehe er freischaffender Regisseur wurde - bekannt ist er unter anderem für seine Inszenierung von "Ziemlich beste Freunde", die seit drei Jahren an deutschen Theatern zu sehen ist. "Ich freue mich sehr auf ihn. Er ist sehr gut vernetzt", sagt Langner. Das Musiktheater-Ensemble wird komplett neu aufgebaut. Nicht aus Qualitätsgründen, wie der designierte Intendant betont. Sondern weil die Planung aktuell schwierig sei: Einen Counter-Tenor brauche man nicht die ganze Spielzeit über, dafür fehle ein Bass oder ein Mezzosopran. Von sechs Sängern bleiben nur zwei: Eva Maria Amann und László Lukács. Andere kehren als Gäste zurück. Künftig hat das Ensemble acht Mitglieder.
Die Schauspielsparte leitet der Intendant selbst. "Das mache ich gerne, das ist meine Domäne." Zudem müsse das Theater sparen, sagt Langner, der seit 2009 Intendant der Schauspielbühnen in Stuttgart ist. Die aktuellen Übergangschefs Caroline Stolz und Alexander May werden als Gastregisseure zurückkehren. Auch zwei Namen, über die viele Trierer sich freuen werden, stehen fest: Barbara Ullmann und Klaus-Michael Nix bleiben dem Haus erhalten. Weiteres ist noch nicht spruchreif. Zwölf bis 14 feste Schauspieler sollen es bald sein, die auch in Musicals auftreten.
Das Orchester hat ab kommender Saison einen neuen Generalmusikdirektor: Jochem Hochstenbach. Darüber hinaus seien keine personellen Veränderungen geplant.
Und das liebe Geld, das zuletzt ein so großes Problem war? 16 Millionen Euro Etat werden Langner zur Verfügung stehen. "Ich bin seit fast 24 Jahren Intendant, und ich bin es gewohnt, wirtschaftlich zu arbeiten und meinen Etat einzuhalten", sagt der Mann, der das Haus in eine stabile Zukunft führen soll.
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