Tiger-Puschen, bunte Kostüme: Klamauk oder Klasse?

Es sind nicht nur die großen Spielorte, an denen das Mosel Musikfestival seine Konzerte veranstaltet. Für einen etwas zweifelhaften Abend war es ein Weingut in Traben-Trarbach, dessen ansprechendes Ambiente als Kulisse diente.

Traben-Trarbach. (gkkl) Die 66 Sitzplätze waren relativ schnell verkauft, und es mussten auch noch einige "Hörkarten" in einem Nebenraum zur Verfügung gestellt werden, um allen Interessenten Zugang zum Konzert "Totally Gourgeous - alles Kürbis" gewähren zu können. Viele der Zuhörer waren begeistert, applaudierten jubelnd und ließen sich auch zum Tanzen animieren, als der Abend sich dem Ende zuneigte. Diese Begeisterung herrschte aber nicht überall vor. Eine Besucherin, die den Abend vorzeitig verließ, warf vor der Tür noch einmal einen Blick auf die Bühne und meinte nur: "Grässlich." Im Gesamtprogramm des Festivals war das australische Quartett mit den Prädikaten "virtuose Musikalität, verführerische Chorsätze und unglaubliche Stimmgewalt" angekündigt, und es wurde festgestellt, dass eine solche Gruppe natürlich nicht am Festival vorbei kommt. Die Frage aber, die sich stellte, war, ob das Festival auch an einer solchen Gruppe nicht vorbei kommt. Passt ein Abend, der zu einem großen Teil die Grenze von Spaß hin zum Klamauk überschreitet, wirklich in das "erstklassische" Konzept des Moselfestivals? Passt "Kürbis-Musik" wirklich in eine Reihe mit dem Freiburger Barockorchester oder einem Abend mit Klaus Mertens? Zumal wenn man die ausgelobten Prädikate vergebens suchen muss. Bei einem klassischen Festival versteht man etwas anderes unter verführerischen Chorsätzen als vier Sänger, die offensichtlich darum bemüht sind, einigermaßen die Tonhöhen ihrer selbstgebastelten Instrumente zu treffen. "Höchste Professionalität" sollte sich im Rahmen der Festwochen durch andere Dinge zeigen, als durch schreiend bunte, selbstgenähte Kostüme, die teilweise an umfunktionierte Pyjamas erinnerten, garniert mit Tiger-Puschen für kalte Winterabende. Schlüssig war an diesem Abend letztendlich nur eines: die Werbung dafür, dass die Gruppe am nächsten Tag in einem Zirkuszelt im Hunsrück auftreten würde. Dort mag man die in Brüllerei ausartende Wut über die Tatsache, dass der Zettel mit der Telefonnummer einer frischen Eroberung in der Waschmaschine gelandet ist, als Stimmgewalt bezeichnen. Ein Abend, der bedenklich erschien.

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