Trier entdeckt Mozart

Trier · Erstmals nach 236 Jahren ist "Idomeneo" im Theater Trier zu sehen - eine reiche Oper mit komplexer Handlung.

 Keine typische Vater-Sohn-Szene: Idomeneo (Mitte, Bonko Karadjov) will seinen Sohn Idamante (Fritz Spengler) töten. Frauke Burg verkörpert die Ilia. Foto: ArtEO

Keine typische Vater-Sohn-Szene: Idomeneo (Mitte, Bonko Karadjov) will seinen Sohn Idamante (Fritz Spengler) töten. Frauke Burg verkörpert die Ilia. Foto: ArtEO

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 Wouter Padberg und Jasmina Hadziahmetovic. TV-Foto: Martin Möller

Wouter Padberg und Jasmina Hadziahmetovic. TV-Foto: Martin Möller

Foto: Martin Möller (mö) ("TV-Upload M?ller"

Erstaunliche 236 Jahre mussten seit der Münchener Uraufführung verstreichen, bevor jetzt Mozarts "Idomeneo" in Trier über die Bühne geht. Am kommenden Samstag, 3. Juni, 19.30 Uhr, ist es endlich soweit. Mozarts große und vielfach völlig unterschätzte Oper um den Kriegsheimkehrer Idomeneo und sein fatales Gelübde hat dann auch das Trierer Theater erreicht. "Idomeneo" ist kein Jugendwerk, sondern eine reiche, hoch differenzierte Oper. Der 25-jährige Mozart hat seine ganze Kraft an dieses Werk gesetzt, hat immer wieder an Text und Musik gefeilt, hat Arien gestrichen, gekürzt, modifiziert oder neu geschrieben.
Das Ergebnis ist überwältigend. "Eine Explosion" sei es, sagt Dirigent Wouter Padberg, eine Musik von geballter Energie. Und dabei alles andere als nur eine Vorstufe zu den bekannteren Mozart-Opern - etwa "Figaro", "Entführung" oder "Zauberflöte".
Die Handlung ist komplex. Idomeneo, König auf Kreta, entgeht dem Untergang im Meer und schwört, den Menschen zu opfern, der ihm an Land zuerst begegnet - es ist sein Sohn. Zugleich entwickelt sich auf Kreta eine Dreiecksbeziehung zwischen Idomeneos Sohn Idamante, der gefangenen Trojanerin Ilia und Elektra, der Tochter des Agamemnon, die nach Kreta fliehen musste.
Es ist ein dichtes Netz von Beziehungen, von Liebe, Schicksal und Schuld. Regisseurin Jasmina Hadziahmetovic, in Trier von Janaceks "Broucek" vor einem Jahr noch in bester Erinnerung, zielt auf die Tiefenstrukturen des Werks, auf untergründige Konflikte, auf Schicksale, die sich als Versäumnisse erweisen.
Hadziahmetovic rückt die Oper in neues Licht. Aus ihrer Sicht beklagt Idomeneo seine Zwangslage zu Unrecht, denn er hat aus freien Stücken das Gelübde abgelegt. Und dass Idamante nach zehn Jahren die Herrschaft über Kreta ohne weiteres abgeben würde, ist tatsächlich keineswegs ausgemacht. Da entbrennt unter der Oberfläche des eher betulichen Opera-seria-Stoffs ein verdeckter Machtkampf zwischen Vater und Sohn. So, wie zwischen den Frauen Ilia und Elektra ein heftiger Konflikt um Idamante ausbricht. In der Trierer Inszenierung heißt der Sieger am Ende Idomeneo. Anders als im Operntext vorgesehen, opfert er Idamante den Göttern. Ein freudiger Schluss, ein "lieto fine", wie in der Oper vorgesehen, ist das nicht. Aber es könnte der schlüssige Ausgang einer verwickelten Handlung sein.
Mozart hat die Oper für das Mannheimer Orchester geschrieben. Das war damals das beste Orchester der Welt, und Mozart wusste das. Der "Idomeneo" ist eine seiner dichtesten und farbenreichsten Partituren. Dirigent Wouter Padberg zielt auf eine "kantable Art zu musizieren", achtet auf die Dramatik der Komposition, ihre Sprachnähe, ihre musikalische Syntax. Das Orchester spielt in der Hausbesetzung von knapp 50 Musikern. Für Mozart ist das genau richtig - nicht zu viel, nicht zu wenig. Die höchsten Hürden tun sich wohl für die Akteure auf.
Mozart verlangt nicht nur sängerische Virtuosität - die ist schon schwer genug - sondern auch Einfühlung in die subtilen Charaktere dieser Oper. Das Theater geht das Risiko ein und besetzt die Rollen fast vollständig aus dem Haus; einziger Gast ist der Arbace, der Berater des Idomeneo, von James Elliott. Bonko Karadjov singt den Idomeneo, Fritz Spengler die Kastratenrolle des Idamante. Frauke Burg verkörpert die Ilia, Eva-Maria Ammann die Elektra. Die Stimme des Neptun kommt von Lászlo Lukács. Gesungen wird in der italienischen Originalsprache mit Obertiteln.
Wolfgang Amadeus Mozart, "Idomeneo". Musikalische Leitung Wouter Padberg, Inszenierung Jasmina Hadziahmetovic, mit Bonko Karadjov, James Elliott, Fritz Spengler, Frauke Burg, Eva-Maria Amann, Lászlo Lukács. Philharmonisches Orchester Trier.
Premiere am 3. Juni, 19.30 Uhr, im Trierer Theater. Weitere Vorstellungen am 10., 20., 23. und 25. Juni. Karten gibt es unter Telefon 0651/7181818.

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