Trier feiert das Recht der ersten Nacht

Brachial-romantisch ist die Atmosphäre bei "In Extremo", vom TV präsentiert, im ausverkauften Trierer Amphitheater. 3500 Zuhörer haben es sich am Freitagabend nicht nehmen lassen, "Ius Primae Noctis" - das "Recht der ersten Nacht", für sich in Anspruch zu nehmen.

Trier. Auf dem Weg in die Arena fühlt man sich wie auf einem Mittelaltermarkt. Frauen in edlen Gewändern und Männer in Schottenröcken stehen rund um spitze Ritterzelte, in denen Händler Hirschbratwurst feilbieten; daneben ganze Familien, Punks und harte Metaller: "In Extremo" haben sich in den 13 Jahren ihres Bestehens ein breites Publikum erspielt. Angefangen auf besagten Märkten, rockten sie schon vor Tausenden beim Wacken-Open-Air und Rock am Ring.

Die Bühne ist in blaues Licht getaucht. Erst gedämpft, dann immer lauter werdend, ist Dudelsackpfeifen zu vernehmen. Langsam erklimmen die sieben Mannen in wildledernen Beinlingen und buntem Tuch die Bühne. Und legen mit "Omnia Sol Temperat" direkt kräftig los. Schon steigen Feuersäulen empor; sie gehören zu "In Extremo" wie die dunkle Reibeisenstimme von Sänger Michael Rhein, "Das letzte Einhorn", die harten Gitarrenriffs und die mittelalterlichen Klänge von Sackpfeifen, Harfe, Drehleier und Nyckelharpa.

Diese drängen verstärkt in den Vordergrund - wie auch "Dr. Pymonte", "Flex der Biegsame" und "Yello Pfeiffer" immer wieder an den Bühnenrand treten - und verleihen der Band wieder mehr Spielmanns-Charakter. Das tut den Stücken gut; den Geschichten, gesungen auf Mittelhochdeutsch, Isländisch, Altfranzösisch und Latein. Egal welche Sprache, das Publikum singt mit, feiert die altbekannten Rock-Weisen "Wind", "Vollmond" und "Villemann". Ob "Frei zu sein", "Sängerkrieg" oder die Ballade "Mein Sehnen", auch die Titel der neuen Platte sind den Fans wohlbekannt.

"Das ist doch der Hammer hier", entfährt es dem "Einhorn" beim Blick in die martialisch anmutende Arena mit 3500 Fans - ausverkauft. Damit ist auch Veranstalter Ingo Popp zufrieden: "Im Rahmen wie in diesem Jahr kann ich mir Open-Airs im Amphitheater auch zukünftig vorstellen." Die Trierer dürfen hoffen.

Rhein und seine Bandkollegen sind auf "Ius Primae Noctis"-Tour, um ihr im Mai erschienenes Album "Sängerkrieg" vorzustellen - wie immer in handverlesenen, weil stimmungsvollen Freiluft-Bühnen. "Ich habe Fotos vom Amphitheater gesehen", erzählt Rhein, der sofort begeistert war. "Und dass wir die Chance kriegen, hier zu spielen, ist der Hammer." Dass nun doppelt so viele die Mittelalter-Rockband hören möchten wie 2004 in den ausverkauften Kaiserthermen, findet Rhein unglaublich.

Zum Abschied Flammensäulen



Unglaublich auch die Atmosphäre: Dort, wo einst Gladiatorenkämpfe gefeiert wurden, jubeln heute die Fans. Nur die Tribüne, die schon für "Brot und Spiele" bereit steht, stört den Sänger. Kurzerhand schickt er ein junges Pärchen hinauf, dass sich auf sein Geheiß im Takt zu "Küss mich" abknutscht.

Immer wieder schreit die Menge nach dem "Spielmannsfluch". Und endlich: Mit den Zugaben wird ihr Rufen erhört. Mit Böllern, Lichtblitzen, Feuerwerk und Flammensäulen verabschieden sich "In Extremo" unter frenetischem Beifall von ihrem Trierer Publikum.

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