"Trier hat eine sehr gute Jazz-Szene": Interview mit Jazz-Professor Georg Ruby

Der Musiker (63) ist seit 2002 Jazz-Professor an der Uni Saarbrücken und organisiert seit 2011 mit Rubys Off-Zone (Jazz-)- Konzerte im Trierer Brunnenhof. Nun geht er selbst auf Tour.

 Musiker, Professor, Jazzer: Georg Ruby. Foto: Oliver Götz

Musiker, Professor, Jazzer: Georg Ruby. Foto: Oliver Götz

Foto: (g_kultur

Herr Ruby, Sie gehen von Oktober bis Dezember auf Tournee, und treten dabei auch in Städten der Region auf. Was werden Sie spielen?

Georg Ruby: Ich werde am 4. Dezember auch im Kloster Karthaus spielen und dort das Material meiner neuen CD "Windmills" vorstellen, natürlich auch Lieblingsstücke, die schon länger im Programm sind. Zwei, drei Standards in meiner speziellen Stilistik und Bearbeitung sind ebenso immer mit dabei.

Ein Solo-Pianostil?

Ruby: Ja, ganz genau. In den letzten Jahren ist mein Klavierklang im Solobereich noch variabler geworden, angereichert durch Präparationen, also Gegenstände, die den Sound einzelner Saiten verändern. Ich setze das eher sparsam ein, aber es verstärkt die klangliche Wirkung des Instruments insgesamt enorm. Zudem (ver)führt es meine Improvisationen damit auf neue Ebenen.

Solche Verfahren kennt man ja von der Neuen Musik. Wie grenzen Sie sich zur Avantgarde ab?

Ruby: Gar nicht. Ich bewege mich in ihr und profitiere natürlich auch von den Klangstrukturen der Neuen Musik, nur umschließt mein Konzept Jazztradition und Moderne - immer im Bereich der Improvisation und des Instant Composing.

Zu Ihrer Tournee. Mit welchem Publikum rechnen Sie? Wie viele werden kommen und welchen Grad an Vertrautheit mit der Musik haben die?

Ruby: Wenn ich die Stationen meiner Tournee durchgehe, stelle ich fest, daß ich fast überall die Chance habe, auf ein Publikum zu treffen, das nicht nur die üblichen Jazz-Schemata, sondern auch darüber hinaus gehende Klänge erwartet. Das sind Menschen, die ohne Voreinstellung einfach Spaß daran haben, unerwartete Dinge zu hören und dann zu sagen, "Oh, das ist neu für mich. Genau deswegen bin ich hier, das interessiert mich. Und ich freue mich sehr, wenn Menschen nach dem Konzert zu mir kommen und sagen "Das habe ich noch nie gehört, das hat mich fasziniert."

Für einen Außenstehenden drängt sich der Eindruck auf, dass der Jazz an Boden verliert. Teilen Sie diesen Eindruck?

Ruby: Das deutsche Jazz-Publikum ist leider oft nur in der Altersgruppe 45 bis 65 Jahren zu finden. In Nachbarländern wie zum Beispiel Frankreich ist das meistens anders. Da sitzt bei den Jazz-Festivals der 18-Jährige neben dem 80-Jährigen. Außerdem: Viele Kulturpolitiker in Ländern wie Frankreich, Italien oder Belgien interessieren sich aktiv für diese Musik, fördern sie. Die gehen - anders als in Deutschland - tatsächlich auch selbst in Jazz-Konzerte. Hier wäre ein dauerhafter internationaler Erfahrungsaustausch für alle Beteiligten von großem Vorteil. In den aktuellen deutschen Förderstrukturen wird der Jazz auch in Zukunft im Vergleich nicht auf die Schiene kommen, auf die er gehört.

Wie steht es um den Jazz an der Mosel?

Ruby: Was Trier betrifft: für eine Stadt dieser Größe hat Trier eine Jazz-Szene von sehr guter Qualität. Es existiert zwar nur noch einer von ehedem zwei Jazzclubs, aber das, was an Konzerten und Workshops veranstaltet wird, läßt sich sehen. Und die daraus entstehenden jungen Talente, wie zum Beispiel Robin Nakayama oder Vincent Pinn - er studiert bei mir in Saarbrücken -, sind absolut hörenswert. Ich lebe hier, weil ich die Mentalität dieser Region mag. Aber um innerhalb der vielen Segmente dieser Musik spielen und unterrichten zu können, bin ich natürlich dauernd unterwegs. Das ist nicht anders zu haben.

Noch einmal gefragt: Wie ist es mit Jazz in Trier bestellt?

Ruby: Niemand hier in Trier muß sich zum Beispiel vor anderen Szenen im Umkreis von 200Kilometern verstecken. Manchmal fehlt vielleicht etwas der Mut, mit einem guten Konzept nach außen zu gehen und zu sagen "Hier bin ich!" Daher versuche ich oft, in meinen Reihen in Köln oder in meiner Trierer Reihe "Ruby's Off Zone" im Brunnenhof junge Spieler einzubinden, manchmal auch welche aus der Trierer Szene.

Aber ein Jazzclub hat zugemacht, der andere beschäftigt sich hauptsächlich mit sich selber ...

Ruby: Was heißt "mit sich selber?" Er vertritt und unterstützt die Interessen der Trierer Musiker und fördert damit die Trierer Szene. Aber die entscheidende Frage ist, wie man internes Potenzial und Anregungen von außen zusammenbringen kann? Die deutsche Jazz-Szene, sowohl die der Musiker, als auch die Veranstalter- und Kuratorenebene kommuniziert leider zu wenig miteinander. Auch aus Szenen wie der in Trier sollten es mehr Leute wagen, öfter nach außen zu gehen, sich musikalisch zu vergleichen und mit anderen Musikern und Szenen Kontakt aufzunehmen. Diese Schwelle zu überwinden muß das Ziel sein. Am Ende profitieren wir alle von guter Kommunikation - musikalisch wie im Gespräch.
Extra: Tourneedaten

Hillesheim, Rathaus, 20. Oktober, 19.30 Uhr Rheine, DA-Kunsthaus, Kloster Gravenhorst, 21. Oktober, 19 Uhr Nancy, Goethe-Institut, 7. Dezember, 18.30 Uhr Luxembourg, Abbaye de Neumünster, 8. Dezember, 20 Uhr Konz, Kloster Karthaus, 9. Dezember 20 Uhr Saarbrücken, HFM, 13. Dezember, 19 Uhr Berlin, Musikinstrumentenmuseum, 14. Dezember, 19.30 Uhr Illingen, Illipse, 30. Dezember, 19 Uhr

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort