Trier verschiebt die Gründung einer Anstalt öffentlichen Rechts fürs Theater zum dritten Mal

Trier · Nicht nur künstlerisch, auch organisatorisch sollte sich das Theater Trier zu Beginn dieser Spielzeit rundum erneuern. Nun wurde die Gründung der neuen Anstalt öffentlichen Rechts bereits zum dritten Mal verschoben. Als Grund nennt die Stadtverwaltung "konfliktbehafteten Klärungsbedarf". Zudem ist offen, was mit dem Gebäude passieren soll.

 Hinter dieser bunten, dynamischen Szene mit Mike Tomsen und Gina Haller in „Peter Pan“ steckt jede Menge Aufwand – wie hinter allem, was auf der Bühne passiert. Um die Bürokratie zu verringern, soll eine neue Theatergesellschaft gegründet werden. Foto: Vincenzo Laera

Hinter dieser bunten, dynamischen Szene mit Mike Tomsen und Gina Haller in „Peter Pan“ steckt jede Menge Aufwand – wie hinter allem, was auf der Bühne passiert. Um die Bürokratie zu verringern, soll eine neue Theatergesellschaft gegründet werden. Foto: Vincenzo Laera

Foto: vincenzo laera (g_kultur

Trier. Die Kostümbildnerin hat im Ausverkauf ein gelbes Kleid für nur 20 Euro entdeckt, das perfekt zur Rolle passen würde. Einfach kaufen kann sie es allerdings nicht. Stattdessen geht sie ins Theater, erhält eine Mittelbindungsnummer und füllt einen Zettel aus. Diesen Zettel gibt sie bei der Stadtverwaltung ab. Sobald sie das Papier abgestempelt zurückbekommen hat, legt sie es dem Intendanten und der Verwaltungschefin vor, die beide unterschreiben müssen. Erst dann gibt es die 20 Euro - in der Hoffnung, dass das gelbe Kleid noch da ist.

"Das ist so viel vergeudete Zeit und Energie", sagt Theaterintendant Karl Sibelius. Er verspricht sich, dass viele Wege kürzer und viele Prozesse einfacher werden, sobald die neue Theater AöR (Anstalt öffentlichen Rechts) gegründet ist. Denn dann falle bei solchen Entscheidungen der bürokratische Umweg übers Rathaus weg. Eigentlich sollte das schon längst geschehen sein: Doch aus August wurde Oktober, und aus Oktober wurde Februar. Als Ursache für die Verzögerung nennt die Stadtverwaltung den "erheblichen und konfliktbehafteten Klärungsbedarf, der insbesondere durch öffentliche Meinungsäußerungen und Kommentierungen beeinflusst und in die Länge gezogen wurde". Kurz: Die heftig diskutierte Frage, was aus dem beliebten Trierer Generalmusikdirektor Victor Puhl wird. Sein auslaufender Vertrag sollte in der neuen Gesellschaftsform nicht verlängert und sein Posten durch den eines Chefdirigenten ersetzt werden. Der Protest war enorm. Sowohl Puhls Orchester als auch sein Publikum und Teile der Trierer Musikszene wehrten sich gegen die Pläne (der TV berichtete).

Also wurde das Organigramm der künftigen Theater AöR erneut überarbeitet. Inzwischen sind alle personellen Fragen geklärt, und die Lage hat sich beruhigt. Puhl bleibt. Und zwar als Generalmusikdirektor. Die einzige wesentliche Neuerung ist für ihn, dass es nun eine Operndirektorin gibt. Sibelius wird als Intendant in der neuen AöR wie geplant alleiniger Vorstand des Theaters. Er trägt die wirtschaftliche, organisatorische und künstlerische Gesamtverantwortung. Überwacht werden soll die Geschäftsführung vom Verwaltungsrat, der mindestens zur Hälfte mit Stadtratsmitgliedern besetzt wird.

Ebenfalls viel Zeit kostete es zu diskutieren, unter welchen Bedingungen das Personal in die neue Gesellschaft wechselt. Die Frage wurde laut Sibelius nun "sehr mitarbeiterfreundlich" beantwortet. Nach Auskunft der Stadtverwaltung dürfen den Mitarbeitern durch den Wechsel keine Nachteile entstehen.Wer übernimmt das Gebäude?


Nur: Wann es losgeht, ist wieder völlig offen. Denn nun, da der Stadtrat im Februar getagt hat, ohne über die geplante Gründung der neuen Theatergesellschaft zu entscheiden, will sich niemand mehr auf einen Termin festlegen. Ist zuvor doch noch eine besonders wichtige Frage zu klären: Sollen Theatergebäude und Grundstück auf die AöR übertragen werden oder nicht? Dies habe eine erhebliche steuerrechtliche Bedeutung. Eine hochkomplexe Frage, die laut Sibelius nur Experten beantworten können. Es sei wichtig, alle Fragen vor der Gründung zu klären. "Wir kommen Schritt für Schritt voran", sagt der Intendant.

Günstiger wird der Theaterbetrieb durch die neue Rechtsform wohl nicht. Das Budget (15 Millionen Euro/Jahr) bleibt das gleiche. Aber effektiver und flexibler soll er sein. Bis es so weit ist, werden die Mitarbeiter wohl noch öfter mit Zetteln durch die Stadt laufen.

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