Triumph der Unzerstörbaren

Esch-sur-Alzette · Es ist immer noch die Geschichte von fünf Typen aus dem rauen Londoner Norden, die ihr Popstar-Dasein genießen; heute genauso wie vor dreißig Jahren: Spandau Ballet hat in der Luxemburger Rockhal über 1000 Fans von den Sitzen gerissen.

 Der Weg geht immer noch steil nach oben: Tony Hadley dominiert mit seinem Gesang die Musik von Spandau Ballet. TV-Foto: Dirk Tenbrock

Der Weg geht immer noch steil nach oben: Tony Hadley dominiert mit seinem Gesang die Musik von Spandau Ballet. TV-Foto: Dirk Tenbrock

Esch-sur-Alzette. Wer wegen der Bestuhlung der Luxemburger Rockhal ein beschauliches Wiedersehens-Konzert erwartet hat, sah sich schon nach kurzer Zeit getäuscht. Als die britischen New Romantic-Stars von Spandau Ballet "Only when you leave" anspielen, stürmen die Zuschauer geschlossen vor die Bühne, um für den Rest des über zwei Stunden dauernden Auftritts die Band, aber auch ihre eigenen Triumphe und Niederlagen der vergangenen 30 Jahre zu feiern.Kometenhafter Aufstieg


In Zeiten des New Wave gelang den fünf Working-Class-Heroes aus dem Norden Londons im Jahre 1980 mit ihrem elektronischen Syntheziser-Pop und der besten Stimme ihrer Generation, Tony Hadley, ein kometenhafter Aufstieg an die Spitze der internationalen Charts. Zusammen mit der Band Visage bildeten sie die Speerspitze der Musik- und Modebewegung New Romantics. 1990 waren die Helden müde und trennten sich.
Erst 1999 geriet Spandau Ballet wieder in die Schlagzeilen, ein erbitterter Streit um die Tantiemen des genialen Songschreibers und Gitarristen Gary Kemp wurde vor Gericht ausgetragen. Danach folgten weitere zehn Jahre Pause, bevor die mittlerweile gereiften Herren 2009 den Streit begruben und nochmals auf eine gefeierte Tour gingen. "I want a better end", sagte Bassist Martin Kemp damals. Er ist mittlerweile eisgrau, aber im dunklen Dreiteiler mit weißem Hemd immer noch "the coolest man in the universe", wie Hadley sagt. Jetzt sind sie wieder in den Arenen der Welt unterwegs - und besser denn je. Ein leuchtendes Beispiel dafür, wie man mit Musik den Lauf der Zeit zumindest für ein paar Stunden aufhalten kann. Auch Popstars altern. Die entscheidende Frage in der Zeit der Reunions und Revivals ist aber, wie gut sie den Schritt von der Glorifizierung des jugendlichen Narzissmus zu wahren Gentlemen schaffen. Die Spandaus jedenfalls haben diesen Schritt besser als die meisten anderen hinbekommen: Ihr Sound klingt frisch, geschärft und sexy - etwas funkiger als früher vielleicht -, und Tony Hadleys Bariton dominiert immer noch die Musik, erzeugt Gänsehaut bis in den letzten Winkel der Halle.
Vier Fünftel des Ballets sind noch in alter Form: schlank, sportlich und jugendlich, während des Sängers Figur und Gesichtsfarbe ein klein wenig von seiner Leidenschaft für Bier und Whisky zeugen. Das tut seiner Kraft aber keinen Abbruch, als gestandenes Mannsbild wirbelt er über die Bühne und feuert seine Jungs an. Und: Er trifft jeden Ton ganz vorzüglich.Hits und durchtanzte Nächte


Sie umarmen ihre Vergangenheit, spielen dankenswerterweise alle ihre großen Hits. "Through the Barricades", "True" und zum Abschluss auch "Gold", wo es heißt: "We\'re indestructible", wir sind unzerstörbar. Das scheint das Motto der Spandaus und ihres gereiften Publikums zu sein, das sich wehmütig an durchtanzte Clubnächte erinnert. Steve Norman spielt Saxofon und Percussions mit sichtbarer Freude und großem Können, John Keeble legt an den Drums den bombastischen Klangteppich aus.
Die Spandaus zeigen, wie man seinen Streit und die daraus resultierenden Traumata in positive Energie ummünzen kann und daraus einen mythischen Triumph generiert - wie an diesem Abend in Luxemburg. Der coole Martin Kemp sagt: "Ich durchlebte meine Jugend auf Champagner, Kokain und Adrenalin!" Jetzt scheinen sie endlich bei den Erwachsenen angekommen zu sein. "So true"!

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