Trouble um "Troubadour"

Das Pfalztheater Kaiserslautern hat seine Saison mit Verdi s"Troubadour" eröffnet. Schon im Vorfeld läutete mancher das Skandal-Glöckchen - ohne triftigen Grund, wie sich zeigte.

Kaiserslautern. (DiL) Das hat man in der braven Pfalz auch nicht alle Tage: Ein Premieren-Publikum, das sich in entrüstete Buhrufer und begeisterte Beifallklatscher teilt, Politiker, die sich demonstrativ hinters Theater stellen und ein Intendant, der bekennt, so einen Trubel habe er in seiner Amtszeit noch nie gehabt.Beim "Troubadour" prallen öfter als bei anderen Werken zwei Opern-Extreme aufeinander: die Genuss-Sucher, die ohne störendes Beiwerk im hier besonders fülligen belcantischen Wohlklang baden wollen, und die Sinn-Sucher, die gerade das schauerliche Rache-Spektakel des Librettos zu allerlei Interpretationen reizt. So ist es auch Regisseur Bruno Berger-Gorski gegangen, dessen "Rheinnixen" in Trier vor zwei Jahren für Aufregung sorgten. Er hat die aufeinanderprallenden Mittelalter-Welten aus Verdis Oper in zeitgenössische, schlüssige Chiffren übersetzt. Die Mannen des Grafen Luna sind uniformierte paramilitärische Einheiten, die im Auftrag der gutbürgerlichen Oberwelt Jagd auf Renegaten machen, die sie in guantanamo-artigen Lagern internieren. Manrico und seine Zigeuner leben buchstäblich in der Unterwelt, die ihnen das exzellente Bühnenbild von Thomas Dörfler unterhalb einer Brücken-Baustelle zuweist. Ab und zu fliegt eine Abfalltüte aus dem Wohlstand in die Slums - und die Menschen stürzen sich darauf.Das sind starke Bilder. Immer und überall brennt etwas, die Symbolik der Oper wird kraftvoll aufgenommen. Zugegeben: Berger-Gorski hat eine obsessive Neigung zu Gewaltdarstellungen. Aber es ist doch immer genau die Gewalt, die auch im Libretto steht. Und was zu sehen ist, touchiert weit weniger die Schmerzgrenze als seinerzeit in Trier.Manchmal ist der Kontrast zur Musik heftig. Denn gesungen wird schön und stilvoll. Keine Ahnung, woher ein so kleines Haus gleich vier brillante Hauptdarsteller holt, allen voran die umwerfend präsente, wuchtige und dabei doch kultiviert singende Azucena von Anna Maria Dur, die sich auch darstellerisch mit ihrer Rolle eindrucksvoll identifiziert. Letzteres gilt für Rossella Ragatzu (Leonora) nur bedingt, aber gesanglich lässt sie ebenso wenig zu wünschen übrig wie der fein zwischen kraftvoll und lyrisch schattierende George Oniani (Manrico) und der stimmlich noble Walter Donati (Graf Luna). Das Orchester unter Uwe Sandner lässt es, der Inszenierung entsprechend, ordentlich krachen, vermeidet aber, die Sänger zuzudröhnen. Und findet, wo nötig, auch zu filigranen Klangbildern.Bei der zweiten Vorstellung buhte niemand mehr. 7., 10., 14. Oktober, 3., 25. November. Karten: 0631/3675209.

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