Uhrwerkspräzision

Trier. Nicht unter freiem Himmel sondern in den Mauern von St. Maximin fand die Spanische Nacht der Mosel Festwochen statt. Das jedoch tat dem Erfolg eines leidenschaftlichen Konzertabends keinerlei Abbruch.

Petrus meint es in diesem Jahr wirklich nicht gut mit den Mosel Festwochen. Also gastierte das Moselfestival mit der "Spanischen Nacht" des SWR-Rundfunkorchesters wieder einmal in der ehemaligen Abtei St. Maximin statt im Innenhof des Kurfürstlichen Palais. Eine spanische Nacht, da ist das Programm natürlich vorgegeben. Hitze, Leidenschaft, Rhythmus, alles, was ein kühles und sachliches deutsches Musikerherz in dieser Hinsicht begehren kann, sollte den zahlreichen Zuhörern geboten werden. Konnte das gut gehen mit einem Rundfunkorchester, einem polnischen Dirigenten und dazu im alten Gemäuer eines Klosters? Es kann und es ging auf ganzer Linie gut. Das Orchester unter der Leitung des jungen Grzegorz Nowak gab einen formidablen Einstand bei den Festwochen und schon nach dem ersten Werk des Abends, Manuel de Fallas "Spanischer Tanz Nr. 1" aus La vida breve zeigte das Orchester Format. Elan, Energie, Disziplin, Spielfreude - all die Dinge, die man sich von einem guten Klangkörper erhofft, waren vertreten. Zu einer Ohrenfreude geriet die Suite Nr. 1 aus de Fallas Ballett "El sombrero de tres picos" (Der Dreispitz), schwungvoll und mit innerem Feuer erklang das "Capriccio Espagnol", Opus 34, von Nikolai Rimski-Korsakow. Präzise agierende Streicher, vorbildlich klingende Bläser, ein von gefühlvoll bis dominierend arbeitendes Schlagwerk prägten das Konzert. Der kleinste Wink von Nowak wurde dabei mit der Präzision eines Uhrwerks umgesetzt. Jede Stretta, jedes Ritartando kam auf den Punkt, konnte seinen Effekt vollständig zum Tragen bringen. Dabei ging es nicht nur um virtuosen Überschwang. Eines der schönsten Werke des Abends war das liebevoll und lyrische Adagietto aus Georges Bizets berühmter "L'Arlésienne-Suite". Musik - fast zum Träumen. War das Orchester schon ein voller Erfolg, so spielte Mosel-Festwochen-Intendant Lewen mit der jungen Kieler Geigerin Annette von Hehn noch einen treffsicheren Trumpf aus. Von Hehn war die Solistin in der "Carmen-Fantasie", Opus 25, von Pablo de Sarasate. Mit ihr stand eine technisch absolut sichere und unangreifbare Geigerin auf dem Podium, der man aus musikalischer Sicht ihre gerade 26 Jahre nicht so recht glauben wollte. Gerne hätte man ihr ein wenig mehr Leidenschaft in ihrer Interpretation gegönnt. Dieses kleine Manko aber wurde von ihrer Virtuosität souverän ausgeglichen. Absolut berechtigt waren die Bravo-Rufe, mit denen sich das Publikum bedankte.

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