Unermüdlicher Anwalt des Wortes

Im Alter von 88 Jahren ist der Schauspieler Günther Reim gestorben. Er war 40 Jahre lang eine prägende Figur des Trierer Theaters, und er war auch im öffentlichen Leben der Stadt stark verankert. Der Gründgens-Schüler starb am Montag nach langer schwerer Krankheit in Frankfurt.

 Erinnerungen an einen großen Schauspieler: Günther Reim (von links) mit seinem Kollegen Uwe Brehmer, bei Proben zum Schwank „Floh im Ohr“ und bei einer seiner vielen Lesungen. Fotos: TV-Archiv

Erinnerungen an einen großen Schauspieler: Günther Reim (von links) mit seinem Kollegen Uwe Brehmer, bei Proben zum Schwank „Floh im Ohr“ und bei einer seiner vielen Lesungen. Fotos: TV-Archiv

Trier. Er spielte buchstäblich bis zum letzten Atemzug: Als Trie-rer Freunde vor ein paar Wochen den schwer kranken Günther Reim in Frankfurt besuchten, da plante er gerade eine Wilhelm-Busch-Lesereihe - in seinem Pflegeheim.

Ein Bühnen-Mensch seit Jugendtagen. 1920 in Berlin geboren, war er noch keine 19, als er Unterricht bei Gustaf Gründgens nahm. Der Zweite Weltkrieg verschlug ihn nach Trier, wo er seine Frau kennenlernte - und in den Fünfziger und Sechziger Jahren zur Personifizierung des Trierer Theaters aufstieg. "Der Reim" war dem Publikum ein Garant für gediegene, handwerklich präzise, Charaktere auslotende Schauspielkunst - egal, ob er Brecht spielte, Kleists Dorfrichter Adam, Molières Geizigen oder auch Operetten und Musicals, Gesangsaufgaben inklusive.

Anders als viele Theaterleute empfand sich Günther Reim nie als Durchreisender. Legendär seine Auftritte bei den Ordensfesten der "Wieweler", gefragt seine Rhetorik-Seminare an der Uni, unverzichtbar seine Lesungen im Begegnungshaus St. Franziskus. Dass die Stadt Trier ihm 2003 ihren Ehrenbrief verlieh, zeugt von Anerkennung für sein lokales Engagement.

Seine Karriere beim Trierer Theater endete 1983 disharmonisch. Reim, ein Mann mit Ecken und Kanten, hätte sich durchaus vorstellen können, Intendant zu werden. Die Stadt wollte es anders. Und weil er, wie es Alt-Kulturdezernent Walter Blankenburg formulierte, "bescheiden war, aber sich seines Wertes durchaus bewusst", zog Reim es vor, in den Ruhestand zu gehen.

Im Trierer Theater trat er nie mehr auf, nicht einmal als Gast. Aber er suchte sich fortan eigene Bühnen. Immer im Dienst der Literatur, der er ein unermüdlicher Anwalt war. Günther Reim ließ Texte lebendig werden, und er ging damit vor Ort zu den Menschen. Man lud ihn in der ganzen Region ein, und schließlich, mit 80 Jahren, holte ihn das Max-Tuch-Theater in der Tufa auf die Theater-Bretter zurück. Seine respektvolle Aufnahme bei den jungen Mitspielern und die ungebrochene Faszination seiner darstellerischen Ausstrahlung ließen die "Kästner-Revue" zu einem bewegenden Moment werden.

Privat kombinierte Günther Reim am liebsten seine Leidenschaften für flotte Autos und für das Urlaubsland Italien. Bis zum Tod seiner Frau Monika vor wenigen Jahren ging das Paar regelmäßig - auch noch jenseits der Achtzig - auf ausgedehnte Auto-Touren durchs Stiefel-Land.

Zuletzt hatte ihn seine Tochter nach einem schweren Schlaganfall zu sich nach Frankfurt geholt. Aber selbst dort behielt er Trier und "sein" Publikum stets im Auge. In Trier soll Günther Reim auch seine letzte Ruhestätte finden. Für den 18. September ist eine würdige Feier geplant.

Dieter Lintz

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