Unkonventionelles mit dem Standard-Instrument

Welche Einstellung zu Blockflötenmusik man auch immer gehabt haben mag, nach dem Konzert des "Quartet New Generation" (QNG) im Rahmen der Mosel-Festwochen ist sie nicht mehr die gleiche. Vier junge Blockflötenvirtuosinnen entführten ein hingerissenes Publikum in der Synagoge Schweich in neue Klangwelten.

 In neue Klangwelten entführte das Quartett „New Generation“ bei einem Konzert der Mosel-Festwochen in der Synagoge Schweich. TV-Foto: Anke Emmerling

In neue Klangwelten entführte das Quartett „New Generation“ bei einem Konzert der Mosel-Festwochen in der Synagoge Schweich. TV-Foto: Anke Emmerling

Schweich. (ae) Ausverkauft ist die Synagoge Schweich, 120 Besucher und ebenso viele unterschiedliche Erwartungen füllen den Raum. Da sind Kinder, die gerade Blockflöte lernen und sie professionell gespielt hören wollen, Freunde klassischer Musik, die sich auf angekündigte Bach- und Vivaldi-Klänge freuen oder junge Erwachsene, die der Begriff "New Generation" neugierig gemacht hat. Susanne Fröhlich, Andrea Guttmann, Hannah Pape und Heide Schwarz bedienen nicht nur alle Erwartungen, sondern übertreffen sie mit großem Überraschungspotenzial, frisch und unkonventionell. Dafür sorgt die ausgefallene und anspruchsvolle Programmgestaltung. Alte Musik von Renaissance bis Barock wechselt mit zeitgenössischen Stücken von Andrea Fontemaggi oder Wim Henderickx, die teilweise aktuell für das Quartett komponiert wurden. Der neue Kontext macht es leicht, sowohl das eine als auch das andere anzunehmen, eigene Hörgewohnheiten zu überprüfen und zu bereichern. Zumal die vier Virtuosinnen mit großer Experimentierfreude sämtliche Register der Spieltechnik auf fast 30 verschiedenen Instrumenten von Renaissance- bis Paetzold-Bassflöten ziehen. Für "Untitled Movements", einen Kanon für vier tonversetzte Tenorflöten zum Beispiel, verteilen sie sich in die Ecken des Raumes, atmen durch die Instrumente ein und verbreiten so die Illusion von Schwerelosigkeit. Dann wieder spielen sie mit den schwirrenden Schwingungen sich kreuzender Töne. Bevor sich das zur Unerträglichkeit steigert, wird es harmonisch mit einer Motette aus dem 14. Jahrhundert aufgelöst. So wie hier setzen sich die vielfach ausgezeichneten Musikerinnen über Grenzen hinweg, zeigen so Zusammenhänge auf, die auch vom übergeordneten Thema des Abends hergestellt werden: Klang der Stille. "In deep silence" sind Konzert und das Stück betitelt, das einem in den 1960ern entwickelten Konzept folgt, durch lang anhaltende Töne Sensibilität für Alltagsgeräusche zu wecken. Tatsächlich versetzt das Werk von Henderickx in einen fast meditativen Zustand, lässt Zeit und Hektik vergessen. Zum "Aufwachen" gibt's dann ein fast ironisch gespieltes Vivaldi-Konzert. Die Stimmung kocht, nicht enden wollender Applaus verlangt nach Zugabe. Die setzt dem Konzert mit einem energiegeladenen Boogie-Woogie die Krone auf, denn hier entlocken die Künstlerinnen ihren Instrumenten auch noch die letzte fehlende Facette der Moderne, originellen Witz und Pep.

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