Unstillbare Leidenschaft zur Kettensäge

Der Ort ist wahrhaft europäisch. Erst kürzlich traf sich hier der spanische König zum Essen mit seinen Luxemburger Gastgebern. Ein paar Jahre vorher hatte der Aufsichtsrat des Kulturjahrs eben dort das Mega Event der Großregion abgesegnet. Jetzt wird einmal mehr im ehrwürdigen Gemäuer von Schloss Bourg linster ein Dialog über die Grenzen geführt

 Im Dialog zu neuen Bildern: der Maler Manfred Freitag und sein Bildhauer-Kollege Jhemp Bastin mit einer Holzskulptur von Jhemp Bastin. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Im Dialog zu neuen Bildern: der Maler Manfred Freitag und sein Bildhauer-Kollege Jhemp Bastin mit einer Holzskulptur von Jhemp Bastin. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Bourglinster. Diesmal redet die Kunst. Zu einem spannenden künstlerischen Dialog haben sich in der Galerie des Schlosses der Maler Manfred Freitag aus Oberbillig und der Luxemburger Bildhauer Jhemp Bastin zusammengefunden. "Man muss miteinander reden", bestätigt der Trierer Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink, der zur Eröffnung der Ausstellung gekommen war. "Es reicht nicht Schlagbäume abzubauen. Sie müssen auch aus den Köpfen verschwinden." Und Danièle Kohn-Stoffels vom Luxemburger Kulturministerium bestätigt: "Man muss sich austauschen, um voneinander zu lernen." Kein Problem für den überzeugten Europäer und Grenzgänger Freitag. Die künstlerische Zwiesprache mit dem bald 30 Jahre jüngeren Kollegen aus Bitscht macht dem 1934 geborenen Maler offensichtlich Freude. "Ich finde das Werk von Jhemp ausgesprochen spannend", sagt der Ramboux-Preisträger. Auch Bastin ist voll des Lobes. "Ich bin begeistert, welch lebendigen Dialog unsere Arbeiten führen." Nicht nur das: geradezu verinnerlicht und weitergedacht haben die Kunstwerke des einen die Arbeiten des anderen. Bastin ist ein Holzbildhauer, der seit ehedem dem Wesen des Holzes auf der Spur ist. Die Suche - erinnert er sich - begann mit seiner Leidenschaft für die Kettensäge.Ausdrucksstarkes Spannungsfeld

"Ich muss einfach zupacken, Material fassen", erklärt der schmale schwarzhaarige Mann, der so gar nichts von einem Holzfäller hat. Stämme hat er gesägt, und mit der Hand nachbehandelt, um jenes innere Leben zu befreien, das sich unter der Oberfläche seines Werkstoffes versteckte. Der Beliebigkeit und dem ungeordneten Spiel der Naturkraft mag Bastin sein Holz dennoch nicht überlassen. Der rohen Materie fügt er Muster und Ordnungen ein, die seine Skulpturen zu einem ausdrucksstarken Spannungsfeld aus kultivierender Einwirkung und ungehemmter Naturkraft machen. Manche dieser Muster, deren Schwarz vom Holzbrand herrührt, machen aus den Stämmen fast elegante Grafiken. Ob er das Paradoxe liebt? "Ja sehr" , lacht der Bildhauer, "das ganze Leben ist paradox". Auch Manfred Freitag verarbeitet Holzteile, auch in seinen Bildern finden sich die Muster und Ordnungsprinzipien Bastins wieder. Allerdings haben sich Freitags Bildteile längst von ihrer Existenz als Materie, die sich selbst genügt, gelöst. Wo Bastin Strukturen und Wesen im Wortsinn fassbar macht, da stellt sie Freitag als Form und Farbe in den Dienst neuer Bildideen. Was sich in Bastins Baumstämmen und Holzstücken als nackte Tatsachen offenbart, hat Freitag zu malerischen Gleichnissen künstlerisch überformt. Auf Bastins (wenngleich geordnetem) "Zurück zur Natur" antwortet Manfred Freitag mit dem Rückzug in die Ideenwelt einer zweiten künstlerischen Natur. geöffnet bis 6. Mai, Mittwoch bis Sonntag 14 bis 18 Uhr Internet: www.bourglinster.lu

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