Schon gleich zu Beginn muss der Trierische Volksfreund für einen Witz herhalten. Diesmal aber nicht wegen seines ungewöhnlichen Namens, sondern wegen einer Überschrift, die vor knapp vier Jahren in den Hohlspiegel eingegangen sein soll: "Marco Huck wartet mit dem Sex bis nach der Ehe" - eine Aussage, die wegen einer falschen Präposition eine andere Bedeutung bekommt und damit so ganz nach dem Geschmack von Jürgen von der Lippe ist.

Lippe liebt Ehe-Klischees. Als konfliktvermeidende Universalantwort für Männer auf Befindlichkeitsäußerungen der Gattin empfiehlt er die Bestätigung: "Geht mir genauso!" Er beurteilt nüchtern und ernüchternd den Versuch, das eheliche Liebesleben mit Reizwäsche aufzupeppen ("Wir kennen das von Weihnachten: Auspacken macht nur Spaß, wenn man nicht weiß, was drin ist"), denn die Ehe insgesamt ist für beide Beteiligten eh nur eine Qual ("Mein Mann ist 14 Tage nach unserer Hochzeit gestorben." "Dann hat er ja nicht lange leiden müssen."). Die Geschichte mit Marco Huck endet übrigens mit der gelungensten Parodie des zweieinhalbstündigen Abends. Lippe lässt den Trainer Ulli Wegner Anweisungen ("Du darfst jetzt nicht schlappmachen", etc.) in Hucks Hochzeitsnacht geben. Das ist ganz großer Sport.

Deutschlands bekanntester Hawaii-Hemden-Träger macht zwar auch Witze über Körperausscheidungen, reißt Zoten und ahmt mittelmäßig die längst totimitierten Udo Lindenberg, Peter Maffay und Herbert Grönemeyer nach. Doch im Gegensatz beispielsweise zu Ingo Appelt, der ihm thematisch nicht unähnlich ist, aber unter anderem noch liebloser und öder Lindenberg, Grönemeyer und Merkel nachäfft, versucht er nicht nur durch die bloße Nennung von Klischees Lacher zu erzeugen. Er blickt auch dahinter, indem er zum Beispiel eine Situation kreiert, in der der Mann zur Frau sagt: "Ach, lass uns doch einfach nur kuscheln."

Hinzu kommt seine Vielseitigkeit. Wie Götz Alsmann oder Stefan Raab profitiert er davon, sein Publikum auch musikalisch unterhalten zu können. Zudem ist Lippe schlagfertig und scheut nicht die Improvisation.

Zwei Mal bittet er vier Zuschauer für Rate- und Kinderspiele auf die Bühne. Damit bekommt er nicht nur auf einfache Weise eine halbe Stunde Programm gefüllt und demonstriert seine Entertainer- und Moderatorenfähigkeiten, er lässt auch die Distanz zwischen Künstler und Besuchern verschwinden.

Wenn er sich gemeinsam mit den Gästen einen Korken in den Mund steckt und "Willi ist krank" spielt, ist er auf Augenhöhe mit seinen Fans - und dafür wird er von so vielen Menschen geschätzt. Er kann über sich selbst lachen, macht Witze über seine Schwächen (Figur) und vermittelt damit: Ich bin einer von euch.

Optisch hat sich Jürgen von der Lippe in den vergangenen Jahrzehnten kaum verändert. Auch seine Beliebtheit ist ungebrochen. Und das seit 14 Bühnenprogrammen!