Vergrabene Schätze

Echternach . Als kammermusikalisches Highlight war das Alban Berg Quartett bei den Echternacher Festspielen zu Gast. Für den erkrankten Bratschisten Thomas Kakuska war kurzfristig Isabel Charisius eingesprungen und fügte sich nahtlos in das Ensemble ein.

Kammermusikensembles gibt es viele. Von denen, die das Prädikat "gut" tragen dürfen, schon erheblich weniger, und jene, die in den Olymp der Weltklasse aufgestiegen sind, existiert nur noch eine Hand voll. Zweifellos gehört das Alban-Berg-Quartett, das bei den Echternacher Festspielen gastierte, zu der Gruppe, die mit diesen höchsten Weihen ausgezeichnet ist.Liebevoll betonte Einzelheiten

Mehr als drei Jahrzehnte definieren Günter Pichler und Gerhard Schulz (Violine), Thomas Kakuska (Bratsche) sowie der Cellist Valentin Erben den Maßstab für gute Kammermusik. Mit Recht, wie man in der ehemaligen Pfarrkirche St. Peter und Paul erleben durfte. Es tat der Qualität des Abends auch keinerlei Abbruch, dass sich der erkrankte Kakuska durch seine Schülerin Isabel Charisius vertreten ließ. Wenn das Alban-Berg-Quartett zum Spiel ansetzt, muss man still werden, sich sammeln, seinen Focus ganz auf die Musik ausrichten. Jede andere Vorgehensweise wäre Verschwendung. Es passiert soviel auf der Bühne. Die Masse der liebevoll betonten Einzelheiten, die nachher ein perfektes Ganzes ergeben, ist so gewaltig, dass man viel zu viel verpasst, wenn man es nicht wie die Musiker macht: ganz und gar bei der Musik sein. Da macht es auch keinen Unterschied, ob nun ein Joseph Haydn (Streichquartett B-Dur, Opus 76,4), Dimitri Schostakowitsch (Streichquartett Nr. 11, Opus 122) oder das c-Moll-Quartett, Opus 51,1 von Johannes Brahms erklingt. Das Quartett nimmt den aufmerksamen Zuhörer an die Hand, führt ihn sicher durch die Komposition, zeigt ihm die Feinheiten, öffnet ihm die Augen für die vielen, mitunter kleinen, verborgenen Schätze, die von den Komponisten vergraben wurden.Miterleben und miterleiden

Anschließend ist man überzeugt, so und nur so kann das Werk von seinem Schöpfer gemeint sein. Am Eindrucksvollsten gestaltete sich in Echternach das Quartett von Schostakowitsch, verfasst als Gedenkmusik für den Geiger Wassili Schirinski. In sieben recht kurzen Sätzen scheint sich der Komponist noch einmal mit seinem verstorbenen Freund zu unterhalten. Wie groß muss die Zuneigung doch gewesen sein, wie tief der Schmerz. Die hoffnungslose Leere, die fatalistisch wirkenden Erinnerungen an gemeinsame fröhliche Erlebnisse, die auf Grund der Fakten in sich zusammen fallende Vision des Freundes am Ende des Monologes, all das war in Echternach Realität, war greifbar, ließ den Zuhörer miterleben und miterleiden. Fast hatte man Hemmungen, den Musikern mit wohlverdientem Applaus zu danken. Nächster Termin bei den Festspielen: Mittwoch, 26. Mai, 20 Uhr 30, Johann Sebastian Bachs h-Moll Messe mit Helmut Rilling und der Gächinger Kantorei in der Basilika Echternach.

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