Viel Kultur für wenig Geld

Der Merziger Zeltpalast startet in eine Saison mit einem Mammut-Programm. Opern von Fledermaus bis Aida, Stars von Katja Riemann über BAP bis Konstantin Wecker, dazu Klassik- und Blues-Open-Airs, Jazz, Kabarett, Kleinkunst und eine profilierte Kammermusik-Reihe: Das Angebot von "Musik und Theater Saar" erreicht 2007 ein Rekord-Volumen.

Merzig. Wenn man die Relation zwischen öffentlichen Zuschüssen, künstlerischer Qualität und Zuschauer-Resonanz zum Maßstab macht, dann ist Joachim Arnold einer der erfolgreichsten Kulturmacher der Großregion. Seit Jahren lockt er mehr als 30 000 Besucher pro Saison zu seinen Festivals, holt sich regelmäßig gute Kritiken, gilt als frech und innovativ - und schafft das alles als Privat-Unternehmer mit einem Zuschuss aus öffentlichen Kassen von weniger als 100 000 Euro - macht im Schnitt kaum 3,50 Euro pro verkaufter Karte. Da kommen andere Kultur-Institute leicht auf das Zehnfache.Vor allem ist Arnold jedes Jahr für Überraschungen gut. 2005 ließ er eine wunderbar-schräge Dreigroschenoper vom Stapel, 2006 ließ er den "Freischütz" als Kriegsgräuel-Drama im Kosovo inszenieren. Noch eine Schippe drauf gelegt

Diesmal legt er noch eine Schippe drauf: Ende August setzt Opern-Guru Peter Konwitschny Verdis "Aida" auf seine jede Konvention zertrümmernde Weise in Szene. Dafür geht Arnold ins Saarbrücker E-Werk, das er seit drei Jahren als zusätzliches Standbein betreibt. Im Merziger Zelt spielt er heuer die "Fledermaus", in der Regie von Komödien-Spezialistin Anette Leistenschneider, mit den Trierer Philharmonikern als Haus-Orchester. Am 20. Juni geht es los, unter anderem mit den hier zu Lande bestens bekannten Tobias Scharfenberger und Berthold Hirschfeld. Bis zum 8. Juli sind zehn Vorstellungen angesetzt. Am 14. Juli steigt die legendäre "Klassik am See" in Losheim, dann ist Opern-Pause bis zum 31. Juli, wenn Rossinis "Cenerentola" als eigens eingerichtete Kinder-Oper Premiere feiert.Neu in dieser Saison ist die Kooperation mit anderen Veranstaltern. Das Merziger Kulturamt hat schon letzte Woche Katja Riemann eingeladen, am 28. Juli kommt BAP, am 26. Oktober gastieren die musizierenden Schauspieler Uwe Ochsenknecht, Jan Josef Liefers und Miroslav Nemec, am 2. November gibt Konstantin Wecker seine Visitenkarte ab. Mit dem Ducsaal Freudenburg koproduzieren die Merziger zum ersten Mal zwei Open Airs: Am 20. Juli eine "Heavy Blues Night" mit Ana Popovic, tags drauf dann "Best of tribute" mit Queen Kings und Still Collins. Neues Zielpublikum sollen auch die "Nächte der Film- und Fernsehmusik" Ende September erschließen.Natürlich bleibt der gelernte Pianist und Dirigent sowie inzwischen studierte Intendant Arnold seinen Ursprüngen treu: Insgesamt zehn hochkarätige Kammermusik-Konzerte gibt es zwischen dem 24. Juni und dem 26. August in der alten Abtei Merzig. All das bewältigt die "Musik und Theater Saar GmbH" mit vier festen Mitarbeitern, zwei Azubis und etlichen Saison-Arbeitskräften. Jahr für Jahr der Kampf um jeden Euro

Das Gesamt-Jahresbudget des Unternehmens liegt bei zwei Millionen Euro, allein 40 Prozent davon finanzieren sich über Eintritts-Einnahmen. Gastronomie und Merchandising sowie die Vermietung des Zeltpalasts sind weitere Einahmequellen. Eine Viertelmillion akquiriert Arnold an Sponsoring-Geldern - die Unternehmen vor Ort erkennen seine Leistung an. Bei der Politik hat er dieses Gefühl nicht immer. Jahr für Jahr muss er um jeden Euro kämpfen - und damit um die Existenz des Betriebes. Im vergangenen Jahr drohte an einem 30 000-Euro-Zuschuss von Saarland-Sport-Toto wieder einmal alles zu platzen. Bitter rechnet Arnold vor, dass Repräsentations-Festivals wie die Musikfestspiele Saar und die "Perspectives" locker auf ein Vielfaches an Subventionen kommen. Entmutigen lässt er sich davon nicht. Im Gegenteil: Die Reaktion ist das neue, wieder erheblich erweiterte Programm. "Ein bisschen verrückt bin ich schon", sagt Joachim Arnold. Und dann schmiedet er Pläne für die nächsten Jahre.Joachim Arnold bringt seine Erfahrungen ein als Diskussionsteilnehmer beim TV-Forum "Die Zukunft der Antikenfestspiele" am Montag, 4. Juni, um 20 Uhr im neuen Kaiserthermen-Gebäude.

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