Vital wie eh und je

TRIER. Deutschlands Swing-Legende Paul Kuhn feierte am 12. März seinen 75. Geburtstag - und seit Frühjahr ist der Unermüdliche auf Tour mit einer Formation, die sich schlicht "The Best" nennt. In der Trierer Europahalle zeigten die Musiker, dass der Name keineswegs übertrieben ist.

Paul Kuhn eröffnet den Abend in der nur spärlich besetzten Europahalle mit der Erkennungsmelodie des Swing. "It don‘t mean a thing, if it ain't got that swing" hatte Duke Ellington 1932 versichert. Dieses Bekenntnis greift der "Mann am Klavier" bei seiner Jubiläums-Tour in bewährter Trio-Formation auf - das sind außer ihm der ebenfalls in Ehren ergraute Schlagzeuger Willy Ketzer und Bassist Paul G. Ulrich.Musiker lassen Herz der Jazz-Fans höher schlagen

Doch darüber hinaus hat Kuhn Musiker um sich geschart, die das Herz jedes Jazz-Fans höher schlagen lassen. Zu "The Best" gehören der amerikanische Trompeter Benny Bailey und sein deutscher Kollege Claus Reichstaller, US-Posaunist Jiggs Whigham (Chef der BBC-Big-Band) sowie die Saxophonisten Gustl Mayer und Peter Weniger. Satte Bläsersätze sind an diesem Abend garantiert.Schon bei der ersten gemeinsamen Nummer "Florida Flirt" stellen die acht Musiker ihre Virtuosität in längeren Soli unter Beweis. Bei den Jazz-Standards bilden sie kleinere Formationen, zu denen das "Paul Kuhn Trio" den Rhythmus-Teppich für wechselnde Bläser-Kombinationen webt. Da führt in "There Is No Greater Love" Gustl Mayers Saxophon mit dunklem Balladenton ein fulminantes Zwiegespräch mit dem Instrument Peter Wenigers, der aus der lyrisch-coolen Schule stammt. Wenn sich die beiden eine "Saxophon-Schlacht" liefern, wird dem Publikum heiß im Saal. Posaunist Whigham brilliert sowohl mit warmem, voluminösem Klang als auch mit treibenden Fanfarenstößen. Bei "Home" aus dem Repertoire von Louis Armstrong wechselt Benny Baileys Trompete von gefühlvoll-warmem auf stählern-kühlen Ton über. Heftig applaudiert das Publikum, als der für seine raschen Registerwechsel bekannte 78-Jährige einige Takte aus "When The Saints" zitiert. Trompeter Claus Reinstaller (40), der im Laufe der Tournee Dusko Goykovich ersetzt hat, fügt sich nahtlos in den Big-Band-Sound ein und glänzt etwa in "Oleo" durch furioses Zusammenspiel mit Peter Weniger.Kuhn hält sich mit Solo-Einlagen zurück, gibt als Band-Leader vielmehr seinen Kollegen Gelegenheit zu glänzen. Im Rampenlicht steht jedoch an diesem Abend neben dem humorvollen Entertainer ("Das nächste Mal kommen bitte doppelt so viel!") und charmanten Plauderer auch der Komponist Kuhn (so etwa "Heading South").Einen besonderen Gast hat sich "Paulchen" bis kurz vor der Pause aufgespart - die niederländische Sängerin Greetje Kauffeld, die mit ihrer Ausstrahlung und ihrem Timbre die Zuhörer schnell in den Bann zieht. Begleitet vom Trio sowie Claus Reichstaller interpretiert sie einfühlsam die Ballade "My Funny Valentine" oder im Duett mit Kuhn den Titelsong "Young at Heart" seines aktuellen Albums. Höhepunkt wird dann kurz vor Ende des zweieinhalbstündigen Konzerts der alte Country-Song "Route 66". Die Zuschauer in der Europahalle sind aus dem Häuschen, fordern lautstark eine Zugabe. Verschmitzt erklärt der "Mann" am Klavier, vital wie eh und je: "Wir haben für diesen Fall vorgesorgt!" Witz und Spielfreude lassen sich die Musiker trotz des enttäuschenden Besuchs an diesem Abend nicht nehmen.

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