Volksfreund-Autor blickt als Komparse hinter die Kulissen des Saarbrücker Tatorts

Saarbrücken · Eine Geburtstagsüberraschung entpuppt sich als die Erfüllung eines ungeträumten Traumes: Eigentlich schreibt Dirk Tenbrock als freier Mitarbeiter für den Trierischen Volksfreund über kulturelle Ereignisse, im neuen Tatort "Totenstille" des Saarländischen Rundfunks (SR) ist er plötzlich selbst mittendrin.

"Film ab: Ton - läuft, Kamera - läuft ... und bitte ...!", ruft der Regisseur, und plötzlich bin ich mittenmang in meinem eigenen Film, quasi im Tunnel. Und für die nächsten 60 Sekunden - die sich wie 60 Minuten anfühlen - blende ich die Realität aus, versuche, möglichst nonchalant und dennoch dekorativ im Hintergrund zu stehen.

Vorne agiert Devid Striesow, einer der aktuell größten deutschen Schauspielstars, alias Kommissar Jens Stellbrink für die neueste Folge des Saarbrücker Tatorts ("Totenstille", Sonntag, 24. Januar, 20.15 Uhr, ARD). An der Rezeption eines Hotels versucht er recht rabiat, an Informationen zu kommen, und ich mime einen Hotelgast, der nebenan auf seinen Check-Out wartet.

Ein kurzer, indignierter Blick, eine leichte Kopfdrehung - zu mehr reichen meine schauspielerischen Mittel nicht. Auf keinen Fall darf auch der Fokus vom Hauptdarsteller abgezogen werden. Dreimal wird die Szene wiederholt, es ist der letzte von 21 Drehtagen, die Zeit drängt. "Cut!", ruft der Regisseur, die Szene ist im Kasten.

"Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen", heißt es bei Schiller. Aber so fühle ich mich nicht. Nein, es bleibt die leicht selbstironische Betrachtung, ein kleines Rädchen in einer großen Maschinerie gewesen zu sein, ohne das es eben nicht geht.Ein Geschenk zum Geburtstag

Schnitt. Rückblende: Es ist ein strahlender Herbsttag im Jahr 2015, mein Geburtstag. Meine Frau, Barbara Ullmann, Schauspielerin am Trierer Theater und 2014 selbst schon Tatortdarstellerin in einer Episoden-Hauptrolle ("Adams Alptraum"), hat sich für mich - den bekennenden Tatort-Fan seit den 1970er Jahren - eine besondere Überraschung ausgedacht: Am Nachmittag werde ich zu einem Hotel im Saarbrücker Süden gelotst. Als ich dort eintreffe, sehe ich die großen Lastwagen der Produktion und des SR auf dem Parkplatz, in der Lobby geschäftiges Treiben eines Filmteams und bekannte Gesichter.

Hartmut Volle, der den Kriminaltechniker Jordan spielt, begrüßt mich lachend, und der zuständige Redakteur des Senders, Christian Bauer, schmunzelt: "Die Barbara hat mich angerufen und mich gefragt, ob du mal bei einem Dreh kiebitzen dürftest. Jetzt musst du aber mitspielen, wir brauchen einen Hotelgast-Komparsen!"

Touché, ich bin komplett baff. Los geht's zu Kostüm und Maske, mein Business-Outfit passt, schminken fällt - zu meiner Enttäuschung - aus. Dann heißt es warten. Auf dem Hof ist ein Food-Truck des Catering aufgebaut, da gibt es hervorragenden Kaffee und ausgezeichnetes Essen für die vielköpfige Crew.

Ich geselle mich dazu, Volle, Striesow und Bauer kenne ich ja schon von diversen Theaterproduktionen und "Adams Alptraum". Wir plaudern ein wenig, das nimmt mir die Nervosität, Allüren sind den Stars glücklicherweise fremd. Die Dreharbeiten zur Kultserie sind zwar wenig glamourös, dafür aber sehr professionell, und es ist hochspannend zu sehen, wie aufwendig so ein Film produziert wird.

Intermezzo: In 45 Jahren und fast 1000 Tatortfolgen hat es Zigtausende unbekannte Laien gegeben, die - ohne ein Wort zu sagen - die Szenerie belebt haben. Die meisten müssen wohl wie ich gefühlt haben. Die erfolgreichste Krimiserie Deutschlands ist die letzte Bastion des "Lagerfeuer"-Fernsehens, wo sich Millionen Zuschauer Sonntagsabends fast schon rituell vor den Mattscheiben versammeln.Einschalten! Quote hochtreiben!

In Saarbrücken ermittelt seit 2013 Devid Striesow, der zur Zeit als pilgernder Hape Kerkeling im Kinofilm "Ich bin dann mal weg" zu bewundern ist. Er ist nicht nur eine große Nummer bei Film und Fernsehen, sondern auch und vor allem ein begnadeter Bühnendarsteller. Fans aus der Großregion können ihn alljährlich in einer Produktion am Luxemburger Grand Théâtre bewundern (am 4. und 5. Februar beispielsweise in "Karamasow" von Dostojewski).

Abspann: In meiner Zukunft habe ich jetzt, um es mit Andy Warhol zu sagen, meine "15 Minuten Ruhm". Auch wenn es dann nur ein paar Sekunden werden, die Erfahrung bleibt. Also: Am 24. Januar unbedingt um 20.15 Uhr das Erste schauen! Damit "mein" Tatort eine tolle Quote bekommt!

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael Bolton Vom erwischt werden
Aus dem Ressort