Vom Abitur direkt in den Jazzkeller

TRIER. Vier beachtliche junge Jazzbands aus Lothringen, Luxemburg, dem Saarland und Trier auf dem Jazzfest EuroCore: Die künstlerische Zusammenarbeit in der Großregion hat sich gelohnt.

EuroCore-Vorsitzender Thomas Schmitt wurde euphorisch: "Da lacht das Herz des Hauptschullehrers." Und in der Tat: Das "5. Newcomer Jazzfest EuroCore" in der Trierer Tuchfabrik motiviert, und das nicht nur die Musiker. Vier Nachwuchsbands beziehen vom ersten Akkord an Distanz zum Dilettantischen, Schülerhaften. Sie machen spannende Musik, und das Publikum im gut besuchten großen Saal der Tuchfabrik lässt sich davon anstecken und honoriert ihre Kompetenz. Die ist ganz und gar nicht selbstverständlich. Denn die meisten Musikerinnen und Musiker auf der Bühne haben das Abitur wohl gerade hinter sich - wenn sie das begehrte Dokument überhaupt schon vorzeigen können. Selbst die Senioren von der Lothringer Band "Bluebird" dürften in der Mehrzahl diesseits der Dreißig sein. Erstaunlich, was diese jungen Leute aufs Podium bringen. Zumal die Trierer Bigband "The Fireshakers" sich sogar aus eigener Kraft formiert hat. Das gab‘s in Trier noch nie. Der Abend begann schöngeistig mit dem Luxemburger "Quartett du Conservatoire". Sven Prokaska, Gitarre, Sylvain Schrantz, Bass, Pascal Bley, Schlagzeug, und die Flötistin Aniela Stoffels hatten sich aufs Sanfte verlegt. Das klingt manchmal wie Claude Debussy mit Schlagzeug, hat aber den Charme des Dezenten. Natürlich gehört es zur Dramaturgie der Konzertveranstalter, die Schraube danach anzuziehen. So legte die Lothringer Formation "Bluebird" deutlich zu. Joel Ducourneau, Trompete und Flügelhorn, Nelly Guiraud, Kontrabass, Raymond Chery, Schlagzeug, und der exzellente Cyril Proch am Piano glänzten dabei mit einer erstaunlichen Bandbreite an Stilen und Stimmungen. Die saarländische Formation "Funkintension" - Matthias Flieger, Trompete, Chri-stian Pabst, Keyboard, David An-dres, Bass, Andreas Klein, Schlagzeug - drehte die Stromstärke noch ein gutes Stück weiter nach oben: rockig, straff, sehr präsent, einfallsreich und absolut professionell. Eva Flieger lieferte dazu saubere, bis ins Vibrato durchdachte Vocals. Jetzt konnte es nur noch lauter werden. Zuerst sah es so aus, als würde sich der Fan-Club der Saarländer auf der Bühne versammeln. Aber es waren die 22 Musikerinnen und Musiker der Trierer Junior Bigband "The Fireshakers" mit ihrem Coach Toni Schneider. Sie lieferten den akustischen Höhepunkt des Abends. Dass es anfangs mit dem Zusammenspiel ein wenig haperte, ist verständlich; immerhin war es ihr erster Auftritt überhaupt. Aber sie befreiten sich Schritt für Schritt von aller Befangenheit. Am Schluss, mit ihrem Titelsong "Fireshakers", waren sie ganz da, fetzig, präzise und im Klang gewaltig wie ein Sinfonieorchester. So macht Bigband Spaß! Und damit es nicht beim Vergnügen blieb, saß eine hochkarätige Jury mit Uli Beckerhoff, Roby Glod und (zeitweise) Toni Schneider im Publikum. Sie gab den Bands im Anschluss gute, praxisnahe Ratschläge. OB Schröer hat allen Grund, als Schirmherr dieser Veranstaltung aufzutreten. Denn in dem Projekt steckt eine gehörige Portion Kulturpolitik. Gute Bands sind rar. Da lassen sich in der Großregion Saar-Lor-LuxTrier bei guter Zusammenarbeit die künstlerischen Kräfte effektiv bündeln. Das Ergebnis spricht für sich.

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