Vom Schrotthaufen zum Publikumsmagnet: Weltkulturerbe Völklinger Hütte besteht seit 20 Jahren

Völklingen · Nach ihrer Stilllegung sollte die Völklinger Hütte eigentlich entsorgt werden. Dann wurde das ehemalige Eisenwerk vor 20 Jahren Weltkulturerbe. Heute ist es ein Touristenmagnet.

Auf den ersten Blick präsentiert sich das frühere Eisenwerk Völklinger Hütte als Gewirr aus rostigem Stahl. Doch bei näherer Betrachtung schimmert nicht nur der Rost in den verschiedensten Tönen. Viele der Stahlrohre, Bleche und Träger sind mit Farbe vor dem Verfall geschützt: Rostbraun, Gelb, Rot, Grau, Grün. Nach 20 Jahren haben die Denkmalschützer nach eigenen Angaben den "Rost im Griff", doch der Kampf gegen die Korrosion ist eine Daueraufgabe: "Die Hütte hat den Drang zur Selbstzerstörung", sagt Andreas Timm, Leiter der Denkmalbauabteilung.

Am 17. Dezember 1994 erklärte die Unesco das weltweit einzige erhaltene Eisenwerk aus der Blütezeit der Industrialisierung zum Weltkulturerbe. Die Hütte wurde damit auf eine Stufe mit den Pyramiden von Gizeh oder dem Kölner Dom gestellt. Inzwischen gibt es unter den weltweit mehr als 1000 Welterbestätten, darunter knapp 60 in Deutschland, mehrere derartige Anlagen - etwa den Zollverein in Essen.

In Völklingen ist man stolz darauf, dass jetzt rund 75 Prozent der Hütte saniert sind und der Ausbau der Besucherwege weitgehend abgeschlossen ist. Die Anlage selbst, Konzerte und Ausstellungen - etwa zu Kelten, Ägyptern oder Urban-Art - locken jährlich rund 300.000 Besucher an, mehr als die Hälfte davon von außerhalb des Saarlands. "Aus einer Niederlage haben wir einen Sieg gemacht", sagt Generaldirektor Meinrad Maria Grewenig.

Anfangs nur ein Schrotthaufen

Vor 20 Jahren war die 1986 stillgelegte Hütte ein Schrotthaufen. "Wir mussten 30 Jahre Sanierungsstau aufholen", berichtet Grewenig. Ganze Teile galten als unrettbar. Heute ist die Anlage sicher und für Besucher risikolos erlebbar.
Der Kampf gegen den Rost bleibt indes eine Daueraufgabe - Experten haben einen Zeitplan mit Intervallen entwickelt, nach dem die rostigen Stellen alle paar Jahre bearbeitet werden müssen. Ein regelmäßiger Neuanstrich reicht aber nicht. "Mit der Sanierung wird das nicht wie ein Neubau, sondern wir stellen einen gebrauchsfertigen historischen Zustand her", sagt Grewenig. Jedes Teil muss individuell behandelt werden, damit es so aussieht wie bei der Stilllegung vor 28 Jahren.

Das kostet Geld. Durchschnittlich fünf Millionen Euro stehen dafür im Jahr zur Verfügung. Die Hälfte kommt aus dem Bundeshaushalt. Die andere Hälfte steuern Land und Europäische Union bei. Die Förderperiode endet 2015, derzeit wird über die künftigen Mittel verhandelt.

Laut Grewenig finanziert die Völklinger Hütte Kultur-Events größtenteils selbst aus Eintrittsgeldern oder Vermietungen und Sponsorenmitteln. Auch die Restaurierung generiere Wertschöpfung: "Rund 90 Cent jedes ausgegebenen Euros gehen an saarländische Firmen", sagt Grewenig. Rund um die Hütte hätten sich Spezialbetriebe für Stahl- und Betonsanierung angesiedelt.
Am Mittwich, dem Jubiläumstag, bietet die Welterbestätte die seltene Gelegenheit, die Industriekultur der Völklinger Hütte bei Dunkelheit zu erleben. Eine kostenlose "Taschenlampenführung" startet um 18.30 Uhr am Haupteingang. Teilnehmer müssen eigene Taschenlampen mitbringen.

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