Von barocker Pracht zum Blues-Intermezzo

SAARBURG. Wo gibt es schon ein Orgelkonzert mit drei Uraufführungen und dazu einer Improvisation? Die Laurentiuskirche Saarburg wurde Forum einer mutigen Veranstaltung.

Welch eine Spannweite! Die Stilunterschiede der drei uraufgeführten Kompositionen sind enorm: barocke Techniken, Zwölftonmusik und Blues. Die "Chacony" von Piet Groenendijk (geb. 1949) baut über einem hartnäckig wiederholten Fünftonmotiv eine dramatische Folge von Klangblöcken auf und entwickelt dazwischen fein ausgehörte, lyrische Abschnitte. Das macht die Komposition vielfältig trotz der konventionellen, geschlossenen Form. Die geradezu expressionistische Zerrissenheit und das barocke Chaconne-Prinzip, die Kombination von Zwölftontechnik und tonaler Harmonik geben ihr zudem eine enorme Spannweite. Selbstverständlich prägt das mächtige Vorbild Bach die Triosonate Nr. 6 G-Dur von Adolf Kern (1906-1974). Und doch ist die Komposition mit ihrer weitschweifenden, in entlegene Tonarten vorstoßenden Harmonik und vor allem ihrem emotionsstarken e-Moll-Mittelsatz alles andere als epigonal. Dazu, wieder ganz anders, Heinz Heckmanns "Two Intermezzi in blue", in denen der Komponist der "Apokalyptischen Reiter" erneut zeigt, dass er sich auch aufs Spaßige und Schräge versteht. Organist Gottfried Sembdner spielte am Ende zudem eine durchdachte Improvisation. Aus flüchtigen, ineinander verwobenen Formeln verdichtete sich der Dreikönigs-Choral "Singet, preiset Gott mit Freuden" und löst sich danach wieder auf ins Fragmentarische. Musik die näherrückt, nachdrücklich Gestalt annimmt und sich nach einer Phase der intensiven Präsenz wieder entfernt. Bachs Präludium und Fuge in G-Dur (BWV 541) und die Variationen von Justin Heinrich Knecht profitierten von einer organischen, fließenden Interpretation, die sich so hervorragend verband mit dem schlanken, milden Grundklang der neuen Weimbs-Orgel. Groenendijks "Chacony" hatte beides: dramatische Drastik und lyrische Intimität. Und der dicht gearbeitete Mittelsatz aus Adolf Kerns Sonate atmete meditative Versenkung. Schade nur, dass der Kopfsatz des Werks ungenau und ausdrucksarm geriet. Und Heckmanns "Intermezzi" wirkten rhythmisch zu wenig beschwingt und allzu sakral.

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