Von der Schönheit des Vogelgesangs: Klavierkonzert im Trierer Palais

Trier · Wenn bei der Kammermusikalischen Vereinigung Trier die Wintersaison vorbei ist, kommt im Kurfürstlichen Palais die "Villa Musica" zum Zug. So sieht es ein Übereinkommen zwischen beiden Veranstaltern vor. In diesem Jahr veranstaltet die Landesstiftung drei "Frühlingskonzerte" - zum Auftakt gab es einen brillanten Klavierabend. Leider kamen nur gut 50 Besucher.

Trier. Haken wir die Interpretation von Schumanns "Waldszenen" rasch ab. Noch ist deutsche Romantik für den 22-jährigen Franzosen Lorenzo Soulès ein unvertrautes Terrain. Noch fehlt seinem Musizieren jene charakteristisch romantische Stimmung - teils heimelig, teils obskur und oft nachdenklich.
Das zweite Stück beispielsweise, "Jäger auf der Lauer" - Soulès spielt es brillant herunter und übersieht, dass Schumann "lebhaft" vorschreibt und nicht "schnell". Und dass es in dieser Jagdmusik nicht um Tempo geht, sondern um Spannung, Aufmerksamkeit, rasche Reaktion.
Schönheit, Tiefe, Vielfalt


Das indes war nur ein kleiner Einbruch in einem höchst interessanten Konzert. Die Programmplaner der Villa Musica hatten auf virtuoses Allerlei verzichtet und sich neben Schumann auf zwei Komponisten konzentriert, die im deutschen Konzertleben ein Schattendasein fristen. Olivier Messiaens "Catalogue des Oiseaux" löste im Publikum konservative Abwehrreflexe aus. Dabei zeigte sich bei Soulès, dass Messiaen kein ornithologisches Kompendium im Sinn hatte und auch nicht auf avantgardistische Strukturexperimente zielte. Er übertrug vielmehr die ganze Schönheit, Tiefe und Vielfalt, die sich im Vogelgesang offenbart, auf das Klavier.
Soulès spielt drei Sätze aus Messiaens Zyklus und modelliert dabei energisch die Klanggestalten dieser Musik heraus. Gerade in dieser Deutlichkeit entfaltet Messiaens Vogelmusik eine existenzphilosophische Dimension. In ihrer Verbindung aus Vertrautem und Bedrohlichem ist sie eine Chiffre für das Dasein in seiner Welt - mit allem scheinbar Sicheren und allem offenbar Ungewissen. So wie Vögel beides sind: akustisch ganz präsent und zugleich ungreifbar.
Und dann drei Sätze aus der Suite "Ibéria" von Isaac Albéniz. Soulès liefert ein pianistisches Glanzstück: technisch perfekt mit breiter Anschlagspalette, sicherem Klangsinn und subtilem Pedaleinsatz. Damit gibt er den Klangbildern bei Albéniz eine klischeefreie Anschaulichkeit mit und entfaltet im letzten Stück eine unspektakuläre, beinahe kühle Virtuosität.
Auch wenn Messiaen einige Irritationen auslöste - am Ende waren doch alle angetan von der Musik und vor allem von der Interpretation. mö
Weitere Konzerte der Villa Musica im Kurfürstlichen Palais: 24. April, Dimitry Sitkovetsky, Geige, Pavel Gililov, Klavier mit Werken von Beethoven, Prokofjew und Schnittke. 8. Mai, Astor-Trio mit Musik von Bach und Piazzolla. Beginn jeweils um 20 Uhr. Karten können unter Telefon 0651/52845 reserviert werden. Vorverkauf: Musikhaus Reisser (0651/978450), Musikhaus Kessler (0651/73102) sowie die Villa Musica in Mainz (06131/ 9251800), <%LINK auto="true" href="http://www.villamusica.de" class="more" text="www.villamusica.de"%>

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