Vorstellung und Erinnerung

Trier · Einen interessanten Blick auf die polnische Kunstszene öffnen die Gemälde von Kaja Solecka in der Europäischen Rechtsakademie in Trier.

Vorstellung und Erinnerung
Foto: Eva-Maria Reuther (er) ("TV-Upload Reuther"

Trier. "Time Lapse": Nicht nur in Bradley Kings gleichnamigen Film verdichtet sich die Zeit. "Zeitraffer" heißt auch Kaja Soleckas Gemäldeausstellung in der Europäischen Rechtsakademie (ERA) in Trier. In ihren zum Teil surrealistisch anmutenden Bildern treffen sich Vorstellung und Erinnerung.
Die Beschleunigung von langzeitigen Bewegungsabläufen gehört seit Urzeiten zu den beliebten filmischen Stilmitteln. Nicht nur das: Auch sinnbildlich wird der Schnelldurchgang von Lebensläufen und andauernden Prozessen gern verwendet. Was im Film als Methode üblich, ist in der Bildenden Kunst gegenläufig. Ist doch geradezu ihr erklärtes Ziel, zu entschleunigen und dem Augenblick Dauer zu verleihen. Auch in den Gemälden der 1974 in Krakau geborenen Polin ist von Eile nichts zu spüren.
Bestenfalls können die Frauenporträts, die allesamt ganz verschiedene Befindlichkeiten und Lebenslagen verbildlichen, sowie die unterschiedlichen Werkgruppen als Ausdruck einer im Bild gerafften Lebens- und Schaffenszeit gelten. Soleckas Arbeiten sind ausgesprochen poetische Gemälde, Bilder der Innenschau auf eine von Erinnerung und Ausblick bewegten Seelenwelt. Ohne Frage findet sich in den traumverlorenen Gestalten die Künstlerin selbst wieder. Um sich diesen fern anmutenden Porträts anzunähern, die gleichermaßen einer fantastischen wie einer realen Welt angehören, muss sich der Betrachter Zeit nehmen.
Poetische Gemälde


Der Malerin, die an der renommierten Kunstakademie in Krakau studiert hat und international ausstellt, liegt die Kunst sozusagen im Blut.
Bereits ihr Großvater war ein bekannter Maler. Ihre Schwester, eine Pianistin, ist bereits in Trier aufgetreten. Genauso interessant wie ihre Frauenporträts sind Soleckas abstrakte Landschaften im ersten Stock. In ihnen wandelt sich jenes Traumland, das in den Frauenporträts noch konkret Gestalt annimmt, in Zeichen und Farbe. Wie Monde tauchen in diesen abstrakten Landschaften farbige Kreise und sogar Malewitschs magische Dreiecke auf. Was Figur war, hat sich in diesen zum Teil strengen Kompositionen, die von der Farbe orchestriert werden, als geometrische Form von jeder figürlichen Gestalt gelöst. Die Ausstellung in der ERA, deren zarte Arbeiten man für typische Frauenkunst halten kann, ist sehenswert. Nicht zuletzt öffnet sie den Blick nach Osten auf eine meist unbekannte, aber sehr reizvolle Kunstszene.
Bis 29. Juli, geöffnet montags bis donnerstags von 9 bis 17 Uhr, freitags 9 bis 16 Uhr.

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