Wütender Bass-Tsunami rollt über Luxemburg

Wut, Bass und Innovation: The Prodigy war eine der stilbildenden Bands der Neunziger. Beim Konzert in Esch hat die Band 20 Jahre nach ihrem Durchbruch nichts von ihrer Wucht verloren.

Esch. (pwr) Vorsicht, Stroboskop - selten war die Warnung am Eingang der Rockhal so angebracht, wie bei The Prodigy. Die 6500 Zuschauer in der ausverkauften Rockhal erlebten ein kurzes, dafür umso heftigeres Bass- und Blitzlichtgewitter. The Prodigy (Deutsch: Das Wunderkind) war eine der stilprägenden Bands der 90er Jahre.
Englands Befreiungsschlag der Elektro-Musik



Was Nirvana für die Rockgeschichte, sind die Jungs aus England für die Entwicklung der Elektro-Musik. Ihr Rezept: Eine Mischung von Samples (Ton-Fragmenten) mit kammerflimmerartigen Break-Beats. Basslastig, energiegeladen, wütend - Englands Befreiungsschlag aus den dekadenten Achtzigern mit ihrem weichgespülten Elektro-Pop.

Mit dem innovativen Album "Fat of the land" konnte die Band in der sehr kurzlebigen Elektro-Szene auch am Ende des 20. Jahrhundert noch Marken setzen.

Mit "Everybody in the place", "Voodoo people" und "No Good" hat The Prodigy die Hymnen einer ganzen Generation geschaffen. Diese war auch mehrheitlich in Esch vertreten. Sie ist leicht gealtert, wie Sänger Keith Flint. Mit doppelter Hahnenkamm-Frisur, Dutzenden Piercings und Ganzkörpertattoo hatte er den Stil des Cyberpunk geprägt. In Esch ist bei dem mittlerweile 40-Jährigen ein Wohlstandsbäuchchen dazugekommen.

Das Bild passt zum Konzert: Die Zeit scheint stehen geblieben. Die Innovationen, wie sie auf dem grandiosen "Fat of the land"-Album zu hören waren, bleiben auf dem neuen Album "Invaders must die" aus.

The Prodigy beschränkt sich auf Altbewährtes - und das ist nicht schlecht: Kern ihres aktuellen Sets sind immer noch die Hits zwischen "Everybody in the place" (1992) und "Smack my bitch up" (1997).

Mit ungebremster Wut rollt der Bass-Tsunami über den Boden, bringt selbst die Kleidung zum Vibrieren. Liam Howlett liefert im Zusammenspiel mit dem Schlagzeug die krachenden Breaks. Keith Flint und Maxim Reality tänzeln wie einst Muhammed Ali über die Bühne, peitschen die Masse an, posieren wie Rockstars.

Die Wunderkinder inszenieren sich auch fast 20 Jahre nach ihrem Durchbruch als Ausnahmeerscheinung. Das wird durch die konzentrierte Wucht ihres Auftritts bestätigt.

Und: Wer braucht schon Innovationen, wenn in Sachen Bass offensichtlich schon zwischen 1992 und 1997 das Maximum erreicht wurde.

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