Wagners "Rakete"

TRIER. (ruf) Universität und Theater begegneten sich beim 7. Antikensymposium, das der Trierer Romanist Hartmut Köhler organisiert hatte.

Cola di Rienzo war ein Mann der Vision und des Hochmuts gleichermaßen. Im Rom des 14. Jahrhunderts stieg er auf zum Volkstribun, der sich Rechte des römischen Kaisers übertragen ließ, der scheiterte, flüchtete, zurückkehrte und vom Volk ermordet wurde. Das schilderte der Publizist Gustav Seibt beim 7. Symposium zu den Antikenfestspielen im Auditorium Maximum der Universität Trier zitatenreich und anschaulich. Seibt schloss seinen Vortrag mit der Erzählung eines Zeitzeugen von den Gräueln des Blutbades. Das Volk, das Rienzo rhetorisch zu begeistern wusste, hatte diesen "letzten Römer" am Ende selbst vernichtet. Überhaupt stand jenes Volk im Mittelpunkt bei der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Hauptinszenierung der diesjährigen Antikenfestspiele. So erklärte der Heidelberger Germanist Dieter Borchmeyer Wagners Oper zur "Tragödie eines Revolutionärs ohne Volk" und bezeichnete Wagners Denkform als eine "strukturell mystische". Der dramatische "Rienzi"-Stoff lockte nicht nur fast 450 Besucher in den Hörsaal, sondern hatte - das führte der Trierer Literaturwissenschaftler Hartmut Reinhardt aus - in der Vergangenheit zahlreiche literarische Verarbeitungen hervorgebracht. Die Wagnersche Adaption machte daraus schließlich ein Musiktheaterwerk, von dem der FAZ-Kritiker Gerhard Koch sagte, er sei sich nicht sicher, was er wirklich davon halten soll. Wagners Œuvre teilte er dabei in eine Vier-Stufen-Rakete, bei der mit "Rienzi" Kurs genommen würde zum "völlig entfalteten Gesamtkunstwerk". Wie dies "Ungetüm", so Wagner, tatsächlich klingt, demonstrierten die Solisten der aktuellen Aufführung: Nancy Gustafson (Sopran) und Chariklia Mavropoulou (Mezzosopran) sowie der Tenor John Horton Murray, begleitet von Ka-pellmeister Christoph Jung.

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