"Weil wir Lust dazu haben" - Kai & Funky von Ton Steine Scherben mit Gymmick - akustisch treten in Wawern auf

Wawern · Aus einer musikalischen Bootsfahrt zum Gedenken an ihren verstorbenen Sänger Rio Reiser ist unter Funky K. Götzner und Kai Sichtermann von Ton Steine Scherben ein Akustiktrio entstanden. Mit Sänger Gymmick sind sie am Samstag, 5. März, um 20.30 Uhr zu Gast in der Synagoge Wawern.

 Nachwuchsarbeit: Kai Sichtermann und Funky K. Götzner haben sich für ihr neues Projekt Sänger Gymmick (von rechts) dazugeholt.Foto: Veranstalter

Nachwuchsarbeit: Kai Sichtermann und Funky K. Götzner haben sich für ihr neues Projekt Sänger Gymmick (von rechts) dazugeholt.Foto: Veranstalter

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Wawern. Mit den beiden Musikern der "Scherben", die zu den einflussreichsten deutschenRockgruppen der 70er Jahre gehörten, hat TV-Mitarbeiter Christian Jöricke gesprochen.
Sie treten auf als "Kai & Funky von Ton Steine Scherben mit Gymmick - akustisch". Ist der Name bewusst so sperrig?

Kai Sichtermann: Das hatte ein bisschen rechtliche Gründe, weil es ja auch noch die große elek trische Formation Ton Stein Scherben gibt. Damit die Leute genau wissen, was sie erwartet, haben wir uns auf diesen Namen geeinigt.
Warum gehen Sie neben der Rockformation auch noch als Akustik-Trio auf Tour?

Sichtermann: Weil wir Lust dazu haben.
Funky K. Götzner: Das hat sich aus einem besonderen Projekt entwickelt, das wir seit Jahren machen. Seit etwa zehn Jahren fahren wir an Rios Todestag für die "Berliner Geschichtswerkstatt" mit einem Schiff durch Berlin. Dabei werden Songs gespielt und die Geschichte von Rio und uns erzählt. Wir haben am Wasser gewohnt, Rio ist am Wasser geboren - daher ist es zum Gedenken an Rio. Weil dieses Programm sehr erfolgreich ist, haben wir beschlossen, damit auch auf Tour zu gehen.

Der Sänger Gymmick war noch nicht geboren, als Sie Ihre bekanntesten Lieder veröffentlicht haben? Wie fiel die Wahl auf ihn?
Sichtermann: Er ist uns empfohlen worden. Lanrue (Anm: der Ton-Steine-Scherben-Mitbegründer und Gitarrist R.P.S. Lanrue) kannte Gymmick, ich kannte ihn flüchtig vom Sehen. Er war auch einmal Special Guest in Nürnberg, wo er den "Rauch"-Song gesungen hat. Zudem hat er mal den "Rio Reiser Songpreis" gewonnen. Daher konnten wir sicher sein, dass er sich in der Materie auskennt. Wir haben dann einfach mal mit ihm geprobt, und es hat super funktioniert.
Wieso gab es nach 1983 kein weiteres Studio-Album mehr? R.P.S. Lanrue hätte doch auch alleine oder mit Ihnen Stücke schreiben können.

Sichtermann: Da müssen Sie Lanrue selbst fragen. Ich bedaure das auch sehr. Warum haben wir kein Studio-Album mehr gemacht? Wir wollten weitermachen, waren aber pleite. Wir wollten zur Industrie, und wenn das geklappt hätte, hätten wir auch ein weiteres gemacht.

Bis 1985 war Claudia Roth drei Jahre lang Ihre Managerin. Sie konnte die Scherben auch nicht mehr retten?
Götzner: Claudia hat wirklich gute Arbeit geleistet und sich sehr engagiert. Wir waren aber schon zu sehr verschuldet.
Sichtermann: Sie konnte nicht retten, was nicht mehr zu retten war.
Haben Sie noch Kontakt zu ihr?

Sichtermann: Sie ist terminlich sehr eingebunden, daher beschränkt sich das auf sehr wenige Kontakte.
Götzner: Es gibt immer wieder Anlässe, an denen man sich trifft. Letztes Jahr haben wir als Überraschung zu ihrem Geburtstag drei Songs gespielt.
Wie aktuell ist ein Stück wie "Macht kaputt, was euch kaputt macht" heute für Sie?
Sichtermann: Ich finde es sehr aktuell. Es geht gegen Raubtierkapitalismus und andere Widrigkeiten in unserer Gesellschaft. Über den Refrain kann man streiten, aber die Strophen finde ich nach wie vor hochaktuell. Für mich ist es ein Song gegen Krieg und gegen Konsumterror.

Haben Sie noch Hoffnung auf die Wende? Im Sinne von "Die letzte Schlacht gewinnen wir"?
Sichtermann: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Es sind immer nur kleine Schritte, die man machen kann. Ich glaube nicht, dass es in absehbarer Zeit eine große Umwälzung geben wird. Aber kleine Schritte sind immer möglich.
Götzner: Ich glaube, diese kleinen Schritte sind schon viel. Wenn man bedenkt, wie viele Millionen Menschen sich täglich gegen Ungerechtigkeiten stellen. Wenn ich heute die ganzen sozialen Netzwerke betrachte mit ihren Petitionen und so weiter, muss ich sagen: "Das sind kleine, große Schritte." Ob die sofort zur Weltrevolution führen, steht natürlich infrage. chj

Karten gibt es im TV-Service-Center Trier.

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