Weite Wege für Leseratten

DAUN. 65 000 Einwohner leben im Kreis der Vulkaneifel. Für sie gibt es bei den öffentlichen Bibliotheken nur eine Minimalversorgung. Und die finanziellen Probleme werden größer.

Mittags gegen zwölf Uhr bevölkern sich die Bücherräume schlagartig. Dann kommen die Schüler der umliegenden Lehranstalten herein, packen ihre Bücher, ihre Hefte und das Pausenbrot aus, erledigen die Schulaufgaben, greifen vielleicht mal zu einem Buch im Regal. In der Bibliothek sind sie, scheint's, zu Hause. Die Kreisbib-liothek Daun hat bei ihrer Eröffnung 1989 die Bestände von zwei Schulbüchereien übernommen und erfüllt weiter Bibliotheksaufgaben für die Schulen. Allerdings lässt sich der Optimismus, der sich beim Anblick lernender Jugendlicher einstellt, mit Fakten nicht unterstützen. Die Ausleihezahlen der Bibliothek sind vergleichsweise niedrig. Mag sein, dass mancher das Buch an Ort und Stelle liest, statt es nach Hause zu tragen. Medientechnisch ist die Kreisbibliothek auch nicht auf dem neuesten Stand. Ein Internetzugang steht für Benutzer nicht zur Verfügung, und der Hinweis auf Internetplätze in Schulen ist für Erwachsene ein schwacher Trost. Diese Situation spiegelt nur den Zustand im gesamten Kreis. In der Vulkaneifel ist die Bücher-Versorgung besonders problematisch. Leseratten müssen meist weit fahren. Neben der hauptamtlich geleiteten Kreisbibliothek unterhält die öffentliche Hand nur noch zwei ehrenamtlich geleitete Büchereien in Darscheid und Mehren; hinzu kommen freilich die Pfarrbüchereien, vor allem die Bibliothek in Hillesheim. Die Aufwendungen durch Stadt und Kreis ermöglichen der Kreisbibliothek nur mühsam die nötige Aktualisierung der Bestände. Neben Büchern und einigen Zeitschriften liegen auch Tonkassetten, CDs und CD-ROMs im Angebot. DVDs bietet das Medienzentrum im selben Haus an. Dabei ist das Engagement der Leitung groß. Stephanie Loenenbach und ihre beiden Teilzeit-Mitarbeiterinnen beteiligen sich an den rheinland-pfälzischen Bibliothekstagen, holen Autoren und Schauspieler ins Haus, versuchen, Kinder und Jugendliche nachhaltig zu binden, und die Leiterin wirbt auf Vorträgen in Stadt und Kreis für die Bibliothek.Ohne Geld hilft kein Gesetz

Daun leidet von den größeren Büchereien der Region wahrscheinlich am stärksten unter den gesetzlosen Zuständen im Bibliotheksbereich. Da es ein Bibliotheksgesetz mit festgelegten Aufwendungen nicht gibt, gelten Ausgaben fürs Lesen bekanntlich als "freiwillige Ausgaben". Tut im sich im Kreishaushalt ein Defizit auf, fordert die Aufsichtsbehörde in Trier, diese Ausgaben einzuschränken. Wenn dann die Kreisbibliothek ohne größere Verluste wegkommt, hat sie schon Glück gehabt. Stefanie Loenenbach hält darum ein Bibliotheksgesetz, wie es auch die bundesweite Initiative "Bibliotheken 2007" fordert, für absolut notwendig. Allerdings: Wo das Geld fehlt, hilft auch ein Gesetz nicht.

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